Cartagena Beach

Cartagena Beach

Sonntag, 23. November 2014

Iquique und die lange Fahrt durch die Wüste

Wir gönnten uns einen weiteren Tag in Iquique und erkundeten die Innenstadt. Jasper war von dem großen Springbrunnen auf der Plaza Prat ganz angetan, uns gefiel die Fußgängerzone, die von Holzhäusern wie aus einer Westernstadt gesäumt war. Das Highlight war der improvisiert anmutende Fischmarkt, wo sich eine Reihe von Seelöwen und Pelikanen angesammelt hatten - warum selber jagen gehen, wenn es auch einfacher geht?
Jasper, der sich durch großen Geiz und Zurückhaltung auszeichnet, wenn es um die Vergabe von Küßchen an seine durchaus als attraktiv zu bezeichnenden Eltern geht, knutscht die Camplingplatzbesitzerin, nachdem diese ihm Spielzeugflugzeuge schenkte. Was das Autofahren in Chile betrifft, so ist auch das wie Zuhause: Gehupt wird nur im Notfall, rote Ampeln sind richtig rot und an Zebrastreifen wird angehalten - dass bedeutet für uns nach 4 Monaten eine kleine Umstellung! Außerdem ist Chile das erste der südamerikanischen Länder, in dem wir häufig solarbetriebene Straßenbeleuchtung sehen und auch das ein oder andere Feld von Windrädern. Auf dem Weg durch die Atacama-Wüste, die als die trockenste der Welt gilt und sich über den Norden des 4300km "langen" Landes ersteckt, sehen wir außer einigen Sandtornados nicht viel, bis wir Chucuicamata passieren: die größte Kupfermine der Welt. Wir fragen beim Tanken den Tankwart, ob es einen Aussichtspunkt gäbe, von wo man die Mine sehen kann. Wir folgen seiner Beschreibung und biegen nach kurzer Fahrt unwissentlich auf das Privatgelände der Mine ab, vorbei an riesigen Bergbau-LKW, deren Räder allein schon so groß sind wie unser Bus hoch ist. Dass wir dort, wo wir sind, gar nicht sein dürften, darauf weisen uns zwei mit Blaulicht heranrauschende Mitarbeiter der Bergbaufirma hin! Mit Blaulicht werden wir zum Ausgang eskortiert, man wünscht uns eine gute Fahrt und schon sind wir wieder auf der Straße. Chile verdankt den größten Teil seines Wohlstands dem Bergbau, allen voran dem Abbau von Kupfer (55% der chilenischen Exporte sind Kupfer), und wir werden auch in den folgenden Tagen immer wieder viele, viele Minen passieren.
Am Nachmittag erreichen wir dann San Pedro de Atacama (auf ca. 2500m), ein 5000 Seelen-Dorf, dass sich ganz dem Tourismus hingibt. Hier erfahren wir, dass es Kindern unter 7 Jahren angeblich gesetzlich verboten ist, die Sonnenaufgangstour zum Geysir El Tatio zu machen, weil es in kurzer Zeit zu weit hoch und wieder runter ginge. Unser Hinweis, dass wir durch Peru und Boliven gereist sind und oft innerhalb weniger Stunden viele tausend Höhenmeter zurücklegten, zählt nicht. Chilenen sind ja so preußisch! So beschließen wir, dass Markus am übernächsten Tag alleine um 4:30 Uhr morgens an der Tour teilnimmt (später mehr dazu). Den Abend verbringen wir am Mirador des Valle de la Luna, wo der Sonnenuntergang nur halb so spektakulär ist wie erwartet, dafür gibt es sehr angenehme Gesellschaft: Schon tagsüber fielen uns VW-Fahrzeuge mit Braunschweiger Kennzeichen auf, deren Fahrer wir nun kennenlernten. Ein Team aus der Abteilung Forschung und Entwicklung hat die Aufgabe, neue Fahrzeug zu testen, und es gäbe kein Land, in dem sich in kleinen Radius so viele Testregionen abbilden lassen wie hier. So hat VW 57 Fahrzeuge hierher geflogen, damit die anwesenden Ingenieure und Techniker die Motoren auf ihre Hitze-, Kälte- und Höhentauglichkeit testen. Ich glaube, ich habe  einen Traumjob für das nächste Leben gefunden! Der Abend mit Jörg und seinen Mitarbeitern ist super - zum Abschied erhalten wir den Wink mit dem Zaunpfahl, dass unser nächster Bus dann aus Wolfsburg kommen sollte - und fortan winken wir ekstatisch, wann immer Braunschweiger VWs unseren Weg kreuzen.

Nach einer windigen Nacht im Valle brechen wir am Morgen auf zu den Lagunen, von denen es viele im Altiplano gibt und die rundherum von Vulkanen gesäumt sind. Chile liegt im sog. Ring of Fire, eine Zone hoher seismischer Aktivität, da hier die südamerikanische und die Nazsca-Platte aufeinander treffen. So kommt Chile zu unglaublich vielen Vulkanen (10% der Vulkane der Welt liegen hier), von denen 150 aktiv sind und dies durch z.T. imposante Rauchfahnen unter Beweis stellen. Die hoch gelegenen Lagunen im Salar de Atacama sind Zuflucht für viele Zugvögel, die hier überwintern sowie für einige Flamingo-Arten, die im salzigen Wasser nach ihrer Leibspeise Brine-Shrimps fischen. Die langbeinigen Gesellen kann man von Nahem beobachten, wenn man zur Lagune Chaxa fährt. Dort haben wir sie auch erstmals fliegen sehen, meist zu zweit, denn Flamingos leben monogam.

Auch wenn das mit der Höhe sich als nebensächlich herausstellte, so war es richtig, Jasper nicht mitzunehmen. Die Geysir-Tour startet früh um 4:30 Uhr und beginnt mit einer zweistündigen Ruckelfahrt über Schotterpisten zum Geysirfeld El Tatio, eines der höchsten der Welt. Zwischen 6 und 8Uhr raucht, sprudelt und blubbert es kräftig aus vielen Erdlöchern und es ist schweinekalt, ca. -7°C. Wasser kocht aufgrund der Höhe hier schon bei 85°C, und es ist kaum zu glauben, dass in den Wasserlöchern Bakterien leben, die Temperaturen von 85°C und mehr vertragen können. Nachdem die Sonne sich ihren Weg gebahnt hat und ein Frühstück serviert wurde, wird es warm und die Tourteilnehmer lassen sich zu einem Bad in dem  ca. 30°C warmen Thermalbecken hinreißen, ein willkommener Kontrapunkt zum frostigen Tagesstart. Anschließend setzt sich die Tour fort, macht hier und da noch einen Fotostopp sowie den obligatorischen Souvenir-Stopp in einem der Altiplano-Dörfer. Am späten Vormittag kehrt Markus zurück und wir machen uns auf den Weg zurück nach Calama, wo wir im Supermarkt auf Lamberto aus Italien treffen, der auch auf dem Campingplatz wie so oft unser Nachbar sein wird.

Freitag, 21. November 2014

Chile - Land Nr. 5

Der Grenzübertritt war eine kurzweilige Angelegenheit und die Beamten auf beiden Seiten sehr freundlich. Der Übergang Chugara liegt auf ca. 4.600m in direkter Nachbarschaft des Vulkans Sajama, dessen umgebender Nationalpark auf chilenische Seite Lauca heißt, wo erneut viele Flamingos zu sehen waren. Hier oben weht beständig eine steife Brise, die Sonne scheint und es ist kalt. Wir fahren auf zunächst recht löchriger Straße, die sich zu einer schönen Serpentinenroute wandelt. In Putre machen wir eine Mittagause, wo wir auf dem malerischen Marktplatz des kleinen Aymara-Städtchens zwei fleißige Radfahrer treffen, die seit 1,5 Jahren im Sattel sitzen und von den Staaten bis hier her geradelt sind - und ihr Ziel ist Ushuaia in Feuerland. Aus der großen Höhe des Grenzübergangs rauschen wir innerhalb weniger Stunden entlang der Ruta del  Desierto auf Meereshöhe runter, wo wir in Arica unser erstes Quartier in Chile aufschlagen wollen, was sich nicht als so einfach herausstellt. Schließlich parken wir den Ben an der Strandpromenade, wo wir am nächsten Morgen ein feines Frühstück am Strand haben. Wir stocken unsere Vorräte auf, waschen den Bus und machen uns auf den Weg nach Iquique. Wieder folgen wir der Ruta del Desierto, die ihrem Namen alle Ehre macht, es ist trocken, heiß und sehr weitläufig, begleitet werden wir von kräftigem Wind, der auf dem trockenen Boden Sandtornados entstehen lässt. Unterwegs machen wir noch Halt bei "El Gigante", einem riesigen Scharrbild auf einem Berg, von dem man sagt, es stelle einen Gott dar, der vom Titicacasee aus in Richtung Küste wanderte, den Menschen Kulturtechniken beibrachte, um dann ins Meer zu gehen und zu sterben. Zweiter Stopp ist die aufgegebene Stadt Humberstone, die zu Boomzeiten der Salpeter- und Nitratgewinnung gebaut wurde und später, als man Nitrat künstlich herstellen konnte, von einem Tag auf den anderen verlassen wurde. Inzwischen zählt es als UNESCO-Weltkulturerbe und versprüht einen morbiden Charme mit seinen alten Wohnhäusern und Indusrieanlagen, deren durchlöcherte Wellblechdächer die Vergänglichkeit des Wohlstandes unterstreichen.

Iquique - seit langem mal wieder ein richtiger Campingplatz: In Iquique geben wir uns zunächst dem süßen Nichtstun hin, trudeln dann durch die Stadt, v.a. dem Markt, wo es ein formidables Mittagessen mit Fisch und Meeresfrüchten gab. Unsere nächste Station ist die zollfreie Shopping-Mall, mehr ein Tempel des Konsums, der mit reduzierten Preisen und einem großen Eis lockt. Bisher fühlt es sich in Chile ein bißchen wie zuhause an, vertraute Standards beim Essen und in puncto Hygiene, großes Warenangebot und leider auch gleiches Preisniveau wie zuhause. Etwas merkwürdig mutet für uns derzeit die ganze Weihnachtsdeko an und die Beschallung mit Weihnachtsmusik in den Läden, wo draußen hochsommerliche Temperaturen herrschen und allein der Gedanke an Schokolade diese sofort schmelzen lässt. Wir bemühen uns außerdem weiterhin darum, Cappucino zu trinken, aber so recht will es uns nicht gelingen - auch gestern im Cafè bekam Markus zu einem wirklich köstlichen Käsekuchen eine schwarzen Kaffee unter einem riesigen Berg pappsüßer Sahne kredenzt. Aber leckeren Wein haben wir bereits gefunden!

Mittwoch, 19. November 2014

Ganz viel Salz

Unser Aufenthalt in Potosì währt nicht lang, da wir keinen geeigneten Stellplatz finden. So gibt es nach dem Mittagessen einen kleinen Stadtrundgang inkl. Artesanias-Shopping, Kaffee und Kuchen und dann die Weiterfahrt zum "Ojo de Inca", einem 30°C warmen Kratersee, der für uns zur Badewanne wird. Der Platz ist ruhig gelegen, die Besitzer sehr freundlich und die Nachbarschaft mit Rainer und Margit sehr angenehm. Am nächsten Morgen hält es Jasper kaum im Bus aus, weil er unbedingt noch einmal baden muss, das anschließende ausgedehnte Frühstück rundet den Morgen ab. Die recht neue Straße nach Uyuni führt uns kurvenreich durch die wüstenhafte Hochebene, die hin und wieder mit tollen Canyons und Steinformationen aufwartet. Da hier in der Region offensichtlich karnevalistische Energien fließen, wird uns nach dem abendlichen Straßenumzug in Sucre zum zweiten Mal ein feines Schauiel geboten: Auf einer Talbrücke inmitten von Nichts sind Tänzerinnen und Musiker zu sehen! Was uns auf der Route am meisten begeistert, ist jedoch die Tatsache, dass die Strecke dank der neuen Straße nur 200km lang ist und nicht 456km, wie unser GPS weißsagte. In Uyuni angekommen, macht sich ein Gefühl wie beim Schauen eines Westernfilms breit: Es herrscht sengende Hitze, wir haben Hunger, den wir mit mäßigen Sandwichs bei miesem Service stillen, in der Mehrzahl geschlossene Läden und Lokale - es fehlen nur durch die Straßen rollende Tumble Weeds. Bei uns entsteht der dringende Wunsch, nicht länger als nötig hier zu verweilen, und so beschließen wir, unsere Vorräte aufzufüllen und die Nacht auf dem größten Salzsee der Erde zu verbringen. Der See ist auch Teil der Strecke der Rallye Dakar, die vor einigen Jahren nach Südamerika umgezogen ist. Der Weg bis zum Ufer ist eine grottenschlechte Staubpiste, aber einmal auf dem See, fährt es sich sehr gut. Mir ist zunächst etwas mulmig, den irgendwie ist es komisch zu wissen, dass wir auf einer Salzkruste unterwegs sind, und die Ojos (Augen) im Boden zeigen, dass darunter Wasser ist. Aber dann geht es gut voran, wir folgen den gut ausgefahrenen Wegen und der groben Himmelsrichtung, die uns das Navi angibt, Schilder gibt es hier keine. Nach kurzer Zeit passieren wir das erste Salzhotel und fahren dann unserem Ziel, der Isla Inca Huasi, entgegen (wir empfehlen für diese Strecke die musikalische Untermalung mit Kings of Leon und Kasabian). Gegen 18Uhr erreichen wir den Parkplatz, die letzten der vielen Jeeps der Touranbieter verlassen die Szenerie, und wir haben noch Gelegenheit, uns ein wenig umzuschauen, bis wir zu einem echten Highlight eingeladen werden: Ein Volleyball-Match auf dem Salar de Uyuni bis zum Sonnenuntergang! Nach einer Stunde Sport mit viel Lachen packen wir das improvisierte Netz (ein Draht zwischen zwei kleinen Fahnenmasten) ein und verabschieden uns von den Leuten, die auf der Insel leben und arbeiten. Am nächste Morgen erwachen wir und stellen fest, das wir nicht alleine sind: Zahlreiche Jeeps haben ihre Touristen zum Frühstück an die Campingtische der Isla gefahren. Wir wickeln uns in (wie sich rausstellt) viel zu warme Jacken und viel Sonnencreme ein bewaffnen uns mit Sonnenbrillen und besteigen die Insel, die uns mit schroffem Gestein und riesigen blühenden Kakteen begeistert. Nach einem leckeren Frühstück geben wir uns dem Vergnügen hin, auf der großen Salzfläche Fotos zu machen. Nun geht es zurück nach Uyuni, wo wir nach einem Mittagessen im Comedor des Marktes - wir haben uns für Pollo Picante und gegen Pansen bzw. Lama-Frikasee entschieden - noch den Friedhof der Lokomotiven besuchten. Nun sind wir wieder zurück am Ojo de Inca, denn in Potosì konnten wir ja schon vor einigen Tagen keine Unterkunft finden und außerdem liegt der Platz an der Straße nach Oruro, das wir morgen ansteuern werden. Auch wenn Uyuni eher schrecklich ist, hat uns der Ausflug zum und die Übernachtung auf dem Salar de Uyuni sehr begeistert, es ist eine der surrealsten Landschaften, die wir bisher gesehen haben. Auch dass wir mit unserem Ben hingefahren zu sind, war gut, denn erstens war es gut zu bewältigen und zweitens wäre eine gebuchte Tour im Jeep mit Jasper bestimmt auch nur mäßig gut gewesen. Damit sind wir auch bereits auf die Zielgerade unseres Bolivienaufenthaltes eingebogen.
An unserem vorletzten Tag macht Bolivien uns den Abschied leicht, denn erstens haben wir viele Kilometer vor uns (die zum Teil noch im Ausbau befindliche Straße ist super, wohl die beste in Bolivien), zweitens ist Oruro nicht das, was man eine freundliche Stadt nennt, drittens haben die Marktfrauen dort den Charme, der dem der Mitarbeiter russischer Verkehrsbetriebe ähnelt und viertens lässt sich kein anderer Platz für die Nacht finden als die Tankstelle in Patacamaya. Der nächste Tag beginnt super, wir sind um 6:55 Uhr gestartet und haben eine tolle Fahrt zur chilenischen Grenze. Wir passieren den Nationalpark Sajama mit dem gleichnamigen Vulkan (6.520m hoch), der mit seinem schneebedeckten Gipfel ein atembaraubendes Panorama bietet, dazu eine Lagune mit Flamingos. An der Grenze kommen wir gut zurecht und werden schnell an die chilenischen Kollegen weitergeleitet.

Conclusio Bolivien: Nach drei Wochen lässt sich sagen, dass wir an Bolivien seine landschatliche Vielfalt schätzen, obwohl wir nur einen Teil des Landes gesehen haben. Es ist ein Land, in dem das Reisen insofern angenehm ist, als dass das Preisniveau niedrig ist, allerdings heißt das auf der Kehrseite, dass man an vielen Stellen eben einfach merkt, dass es das ärmste Land in Südamerika ist. Die Mittagspause wird von allen bisher besuchten Ländern hier am ausgiebigsten zelebriert, über die Mittagszeit ist hier in Orten nichts zu wollen, da 80% der Geschäfte geschlossen haben, zum Teil bis 16:00 Uhr. Super sind hier die Salteñas, pikant gefüllte Teigtaschen, die hier oft als Vormittagsnack gegessen werden. Seltsam ist hingegen, was hier alles unter dem Namen "Cappucino" firmiert, da ist alles drin von dem, was bei uns ein Espresso Macchiato ist bis hin zu ungenießbarem schwarzen Kaffee, der unter einem riesigen Berg pappsüßer Sahne zu finden ist. Die Benzinregelung basiert auf dem nachvollziehbaren Ansatz, dass Ausländer mehr bezahlen müssen (geht in Ordnung). Ob es der dreifache Preis sein muss, sei dahin gestellt, dass der administrative Mehraufwand für den Tankwart (Extradeklaration und Einzahlung bei der Bank) aber dazu führt, dass man lieber heimlich zum niedrigeren Preis Kraftstoff mit dem Mund ansaugt oder die Kameras für 3 Minuten abschaltet, zeigt die Absurdität des System im Alltag. Bolivien ist ein Land, in dem unsere europäischen Augen sich an vielen Stellen etwas mehr Einsatz und Sinn für Ordnung/Sauberkeit wünschen. In touristischer Hinsicht fällt es hinter seinen Nachbarn deutlich zurück, so dass außer in einigen touristische Oasen viel an (Lebens-)Qualität für Einwohner und Besucher auf der Strecke bleibt. Andererseits bewahrt es auch mehr kulturelle Identität und Ursprünglichkeit.

Donnerstag, 13. November 2014

Der Weg zur Gründerstadt ist beschwerlich

In Bolivien gibt es eine sonderbare Kraftstoffregelung: Für Bolivianer gibt es eine kräftige Subventionierung, Ausländer müssen dagegen ca. den dreifachen Preis löhnen. Dafür sind an den Tankstellen Kameras installiert, damit nicht geschummelt werden kann. Da die Tankstelleninhaber allerdings zusätzlichen Verwaltungsaufwand mit uns Ausländern haben, wurde uns bereits der Diesel einfach verweigert (es erscheint ratsam bereits bei halber Tankfüllung die nächste Tanke anzusteuern, zudem haben wir Reservekanister im Ben). Wir haben aber auch schon ("ohne Rechnung") einen ausgehandelten Preis gelöhnt bzw. außerhalb der Kamerasicht den Preis der Einheimischen bezahlt (der Tankwart saugte mittels Schlauch aus einem Kanister das Gesöff an und ab damit in den Tank). Auf der langen Fahrt von Cochabamba nach Sucre beschließen wir, die erste Tagesetappe mit wildem Campen an den Ruinen von Incallacta zu beenden. Der Parkplatz ist eine schöne Wiese in den Bergen, tückisch ist nur die Zufahrt, denn ein riesiger aus dem Boden ragender Stein in der Einfahrt erforderd Zentimeterarbeit, damit wir uns nicht den Fahrzeugboden aufreißen. Nach einer ruhigen Nacht begrüßt uns am Morgen a) die Sonne und b) ein Hund, den Jasper gerne in den Bus einladen möchte. Ginge es nach ihm und seinen herzlichen "Komm rein"-Einladungen, wäre unser Bus mit Hunden und Katzen bis unters Dach gefüllt ;-) Nach dem Frühstück wandern wir kurz zur Ruine, gänzlich ungestört, denn die Anlage scheint touristisch nur mäßig stark frequentiert, so dass auch das Kassenhäuschen zu keiner Zeit besetzt ist; die Ruinenstadt ist dabei doch eher groß und muss damals wirklich pulsierender Mittelpunkt der Region gewesen sein. Zurück am Bus müssen wir noch aufräumen, da der freundliche Hund unsere Mülltüte auseinander genommen hat, doch nachdem auch das getan ist, setzen wir die Fahrt nach Sucre fort. Zunächst sind wir ganz angetan vom Zustand der Asphaltstraße, doch kaum haben wir es ausgesprochen, verwandelt sie sich in eine ca. 100km lange Kopsteinpflasterstraße, in der tausend kleine und große Kieselsteine die Fahrbahndecke bilden. Es ist zwar einigermaßen gut zu fahren, aber zum einen rattert es einfach furchtbar laut, zum anderen sorgt die kurvenreiche Streckenführung dafür, dass wir selten schneller als 40km/h fahren können. Zur Mittagspause erreichen wir Aiquile, wo wir uns ein nur mittelgutes Süppchen einverleiben. Anschließend wünschen wir uns das Kopfsteinpflaster zurück, denn nun folgen kurze Asphaltstücke, vor allem aber Staub- und Sandpisten gemischt mit Baustellengerumpel - kurz um: Nach 240km, für die wir sechs Stunden brauchten, sind sowohl wir als auch der Ben total eingestaubt. Außerdem hat bei unserem Tipshift-Getriebe etwas ausgesetzt, so dass die Gänge 4-6 im Automatikmodus nicht mehr funktionieren; zum Glück können wir ja auch manuell schalten, so dass wir gut fahren können. In Sucre suchen wir daher auch einen Mechaniker auf, der a) sehr kompetent ist, b) viel mehr drauf hat, als die Werkstatt im Hof vermuten lässt, c) super Englisch spricht, d) im kommenden Jahr mit der Vorbereitung der Rallye Dakar zu tun hat und e) für die Untersuchung des Bens kein Geld haben möchte, da er zwar den Fehler lokalisieren, ihn aber nicht beheben kann, er rät uns, Mercedes in Chile aufzusuchen. Auch so kann man Städte kennenlernen....
Sucre hat in Bolvien einen besonderen Stellenwert: Die meisten Regierungsgeschäfte finden zwar in La Paz statt, doch gilt Sucre als Hauptstadt, da sie eine zentrale Rolle bei der Gewinnung der Unabhängigkeit hatte. Zudem wurde hier besonderer Wert auf die Erhaltung des kolonialen Stadtbildes gelegt, so dass an allen Ecken und Enden wunderschöne Gebäude, altehrwürdige Kirchen und historische Straßenzüge zu bewundern sind. Folgerichtig wurde Sucre in die Liste der UNESCO-Stätten aufgenommen. Um die ganze Pracht erblicken zu können, steigen wir auf die Kuppel der Prefectura. Von hier aus sehen wir dann auch noch ein besonderes Schauspiel: Als Zebras verkleidete Personen hopsen lustig auf Zebrastreifen herum. Wahrsscheinlich dient das der adressatenorientierten Verkehrserziehung. Zebrastreifen haben in Bolivien (und auch in den anderen bisherigen Stationen unserer Reise) maximal den Rang eines lockeren Hinweises, wo mann oder frau möglicherweise die Straße überqueren könnten, ohne dass damit eine Garantie für einen sicheren Übergang gegeben wäre. Vielmehr erkennt man Auto fahrende Ausländer daran, dass diese bisweilen anhalten, wenn Fußgänger die Straße überqueren wollen oder Ampeln auf "rot" schalten. Zur Belohnung erhält man dann auch ein verständnisloses Hupkonzert. Jasper findet die Stadt super, denn im Parque Bolivar gibt es einen großen Spielplatz mit Schaukeln, Rutschen und Wippen, dessen Optik vom Dinosaurier-Thema dominiert ist. Eigentlich hätten wir uns auch den ganzen Tag dort aufhalten können, denn seine Lieblingsbeschäftigung war das Ausprobieren aller, und ich meine wirklich ALLER Wippentiere, so dass man bei 10 Wippen ordentlich zu tun hat. Auch für Ben ist der Aufenthalt hier gut, denn er bekommt die langverdiente Glanzdusche sowie ein großes Enstaubungsprogramm von innen. Wir hoffen, dass die nächsten Strecken nicht so heftig werden, denn der feine Pulverstaub kriecht wirklich überall rein.
Morgen werden wir zur alten Silberminenstadt Potosì aufbrechen, das auf dem halben Weg nach Uyuni liegt, wo der große Salzsee auf uns wartet.

Montag, 10. November 2014

Das tropische Coroico

Kleine Anmerkung: Wie ihr als wohlgesonnene, aufmerksame Leserinnen und Leser bestimmt bemerkt habt, kommen unsere Posts derzeit unregelmäßiger und zeitliche Angaben wie "gestern, morgen Mittag" etc. mögen daher komisch klingen. Das Internet in Bolivien ist bislang das flächendeckend langsamste, daher können wir nicht immer zeitnah das Geschriebene hochladen.

Augenblicklich (8.11.2014) befinden wir uns in Coroico auf ca. 2000m, wo es tagsüber bis zu 40○C wird. Seine Lage, "gleich einem Adlerhosrt auf der Schulter des Bergs Uchumachi" (Zitat Lonely Planet), ist toll: Umgeben von waldreichen Bergen campen wir beim umwerfend schönen Hostal Sol y Luna, das dazu einlädt, sich den Tag über von der Hängematte, in den Liegestuhl ins Restaurant und wieder zurück zu bewegen und nicht weiter. Wagt man dennoch ein paar Schritte mehr, kann man das riesige Gelände erkunden, findet Miradore, viele Blumen, zwei Swimming Pools - kurz um, ein Platz zum Wohlfühlen, wenn es hier nicht auch ewig viele Stechmücken gäbe. In Coroico sind wir zwei Nächte geblieben, nach einer regenreichen Nacht sind wir am 9.11. früh gestartet, um die lange Fahrt nach Cochabamba anzutreten. Dass es geregnet hatte, war zwar sehr erfrischend, beunruhigte uns aber dennoch, denn der Weg hoch zum Sol y Luna war eng, steil und lehmig - und nun das ganze in nass? Unten im Ort erwartete uns eine steile Kopfsteinpflasterstraße, die uns Respekt abverlangte, denn das könnte rutschig werden. Ben und Markus haben sich aber tapfer geschlagen und uns alle sicher nach unten ins Tal gebracht! Wir verlassen also das tropische Coroico und klettern im Laufe des Tages auf 4.600m, wo wir plözlich von eisigem Wind und einem Gewitter mit sehr heftigem Hagelschauer empfangen werden. Einige Berge rundherum waren schon komplett weiß überzogen und auf der Windschutzscheibe sammelten sich Eisklumpen vor den Scheibenwischern, im Auto entstand durch den Hagel ein irrer Lärm. Als das überstanden war, lag eigentlich nicht mehr viel Strecke vor uns bis Cochabamba, aber dank mehrerer schwerbeladener LKW, die auch nicht zu überholen waren, kamen wir erst um 17:00 Uhr an. Wir waren total erledigt nach fast 10 Stunden Fahrt und außer einem formidablen Abendessen bei Burger King waren wir zu nichts mehr in der Lage als in die Betten zu fallen. In Begleitung vieler Polizisten und Menschen vom Roten Kreuz, die im Hotel zu einer Konferenz zu Gast sind, haben wir gefrühstückt und werden uns gleich auf den Weg machen. Wir haben entschieden, uns nicht weiter nach Osten zu bewegen, sondern in Richtung Sucre zu fahren, da wir noch Chile, Argentinien und zumindest einen Grenzübertritt nach Brasilien vor uns haben und wir uns am Ende  nicht sputen müssen wollen. Also, weiter geht's!

Donnerstag, 6. November 2014

Wandern am Titicacasee und Stillstand in La Paz

Nachdem wir uns ein Ticket für das völlig untermotorisierte und somit langsamste Boot auf dem Titicacasee gekauft hatten, kamen wir um 11 Uhr im Norden der Isla del Sol an. Wir besichtigten eine kleine Ruine und wanderten dann zunächst mit einem quengelnden, dann mit einem tief schlafenden Jasper auf dem Rücken gute 2,5 Stunden über die karge, aber schöne Insel. Außer verschiedenen Wandergrüppchen sieht man hier nur einige Schafe, Esel und Alpakas, die Insel ist dünn besiedelt und versorgungstechnisch abhängig von Copacabana. Die Wanderung auf 3900m ist anstregend, weil wir bei den Steigungen merken, dass einfach weniger Sauerstoff da ist. Da geht es uns wie den ausländischen Fußballteams, wenn sie in La Paz spielen - die bolivianische Nationalmannschaft kriegt bei Auswärtsspielen kein Bein auf den Boden, gewinnt aber zu Hause erstaunlich viele Spiele, weil sie an die dünne Höhenluft gewöhnt ist!
Nach 3 Stunden und einem lauwarmen Mittagessen fahren wir wieder zurück, wobei Jasper drei junge bolivianische Damen in seinen Bann zieht. Er verteilt auch ganz freundlich seine Salzbrezel, staubt seinerseits Schokokekse ab und gibt dann noch eine Runde Pixi-Bücher aus. Zurück auf dem Festland beenden wir den Tag ziemlich erledigt und krabbeln bald in die Betten, schließlich wollen wir weiter nach La Paz, dass nur 120km entfernt ist.

Auf dem wunderschönen Weg nach La Paz treffen wir Karin und Markus aus der Schweiz, die auf ihren Motorrädern unterwegs sind. Wir haben die beiden in Cusco kennengelernt und werden wie sie das Hotel Oberland in La Paz ansteuern. Die Fahrt fluppt und die Landschaft ist toll, hinter dem irrsinnig blauen Titicacasee ragen die schneebedeckten 6000der auf - bis wir die Außenbezirke von La Paz erreichen. Hier reicht eine kleine Baustelle rund um eine Straßenmündung aus, um den Verkehr völlig zum Erliegen zu bringen! Alles stockt, wir stehen Stoßstange an Stoßstange, wir brauchen ca. 45 Minuten, um 50m zurück zu legen, es ist unglaublich. Sobald sich eine Lücke auftut und es auf der einen Fahrbahn vorwärts gehen könnte, rauscht schnell jemand aus der Gegenrichtung rein, weil er glaubt, seine Chance aufs Vorwärtskommen gefunden zu haben.

Dennoch kommen wir irgendwann auf dem Campingplatz an, der mit Essen und für Jasper mit einem Spielplatz aufwartet. Wir treffen hier weitere alte und neue Gesichter und schauen uns noch am Abend das Valle de la Luna an, das uns in der Abendsonne mit seinen Felsformationen beeindruckt. Am folgenden Tag schauen wir uns die Stadt an, La Paz ist quirlig und verkehrsreich, dennoch mit überrascht viel Grün versehen. Auf dem Hexenmarkt sehen wir diverse Wässerchen und Tinkturen, eine Frau, die aus Cocablättern Vorhersagen macht und dann das: Föten von Alpakas und Vicuñas, die man zur rituellen Segnung beim Hausbau einsetzt - soll Glück für den Bau, das Haus und seine Bewohner bedeuten. Nun gut, andere Religionen verschönern das Eigenheim mit Gefolterten bzw. am Holzkreuz Aufgehängten. Jedem das Seine.

Mittwoch, 5. November 2014

Nachtrag Peru

Was noch zu ergänzen wäre: In Puno haben wir das Schiff "Yavari" besichtigt. Es ist das älteste Schiff auf dem Titicacasee, dem größten Hochlandsee der Welt (auf 3808 m Höhe). Dieses Schiff wurde in England gebaut und in 2766 Einzelteilen zuerst nach Arica verschifft (diese chilenische Stadt gehörte früher einmal zu Peru), dann per Zug nach Tacna gebracht und schließlich mit Maultieren und 1000 Arbeitern über die Anden nach Puno gebracht. Der Transport dauerte 6 Jahre und das Zusammenbauen abermals 4 Jahre. 1870 durfte die Yavari dann endlich auf den Titicacasee und war dann 100 Jahre in Dienst. Zwischendurch musste dass Schiff noch einmal etwas verlängert werden. Kohleknappheit führte dazu, dass als Ersatzheizmittel Lamadung verwendet wurde, dafür brauchte man etwas mehr Lagerraum.
Kurz vor unserem Grenzübertritt machen wir noch einen Stopp in Pomata. Wir haben vernommen, dass es hier ein besonders eindrucksvolles Gotteshaus geben soll. Diesen Tipp können wir bestätigen. Die Fassaden schmücken eindrucksvolle Ornamente und auch das Innere bietet schöne Anblicke und Skurriles: Sabrina entdeckt in einer Nische einen Schädel.
Rückblick Peru: Wir haben im Vorfeld sehr unterschiedliche Meinungen zu und über Peru gehört. Diese Vielfalt können wir nunmehr einordnen. Peru kann mit seinen einzigartigen Tempeln, Ruinen und Kulturgütern restlos begeistern. Peru kann einen mit seinen eigenen Spielregeln eiskalt erwischen und frustrieren. Wir erfuhren in vielen Orten eine großartige Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft und gleichsam lässt sich besonders in Touristenhochburgen nicht verleugnen, dass Fremde bisweilen nichts mehr als Einnahmequellen sind (und bisweilen verhalten wir Fremde uns wohl auch genauso). Peru bietet innerhalb weniger Fahrstunden eine Vielfalt an Klimazonen, von schneebedeckten Bergen bis zu wüstenähnlichen Abschnitten. Peru hat ebenfalls von Müllbergen und Dreck strotzende Straßenabschnitte und Stadtteile. Kulinarisch wird einiges geboten: Man kann für wenig Geld gut speisen, aber auch das Pech haben, Herz oder Hühnerfuß in der Suppe zu finden. Auch der Anblick von Cuy (Meerschweinchen) lässt bisweilen Assoziationen zu gebratener Ratte aufkommen. Und letzten Endes liegt es wohl (wie so oft) an der eigenen Einstellung und aktuellen Stimmung, ob diese Vielfalt staunend und interessiert beobachtet wird oder zu Missbilligung und dem Wunsch führt, möglichst schnell das Land zu verlassen. Hier noch ein paar harte Fakten: Die Spritpreise sind deutlich höher als in Ecuador. Die Maut ist recht günstig, es empfiehlt sich aber alte Belege aufzubewahren, um bei einer falschen Fahrzeugeinordnung Einspruch zu erheben. Die Straßen sind größtenteils in einem guten Zustand, dennoch wird aufgrund der Höhe das Auto bisweilen leistungsmäßig an die Grenzen geführt (eventuell vorher das Auto noch einmal in der Werkstatt prüfen lassen). Zwischen den einzelnen Zielen liegen (zumindest war das bei uns so) sehr weite und lange Strecken, so dass wir deutlich mehr Zeit im Auto verbringen mussten (gute Hörspiele helfen da!). Es gibt in Peru deutlich mehr Traveller und auch Overlander als in den beiden Station vorher, das erleichtert manchmal die Reiseplanung, da man sich gut austauschen kann. Besonders in Machu Picchu lohnt es sich, sehr (!) früh aufzustehen, da die Besuchermassen einem dieses einzigartige Erlebnis schnell vermiesen können. Zur Politik: Wahlkampf ist eng mit Symbolen verknüpft. Jeder Politiker hat ein Zeichen (Sandale, Haus, Orange, etc.), welches bei der Wahl angekreuzt werden muss. Eine feine Methode, um auch Menschen zu erreichen, die des Lesens nicht mächtig sind. Wäre es nicht nett, dieses auch in Deutschland einzuführen? Für die CDU einfach das Symbol "schwarze Koffer" ankreuzen.

Sonntag, 2. November 2014

Bolivia - Land Nr. 4

Gestern Mittag erreichten wir den Grenzübergang nach Bolivien am Titicacsee, die Migrationsangelegenheiten waren schnell erledigt, auf die Männer vom Zoll zur Anmeldung des Autos mussten wir eine Stunde warten - wer will schon in der Mittagspause gestört werden!? Dann sind wir nach Copacabana gefahren, einem kleinen Ferienort am Titicacasee, der einerseits von den Touristen lebt, die wegen des Sees und der Inseln kommen, andererseits von denen, die zur Autosegnung kommen. Debbie vom Café Pan America, die seit mehr als drei Jahren hier lebt und Projekte zur Gesundheitsförderung anschiebt, erzählte, dass es für die Priester Marathontage bedeutet - acht Stunden Durchsegnen kann echt schlauchen. Die Autos stehen Schlange, sind geschmückt mit Glitzer, Partyhüten, Blumen und Konfetti, nach der Segnung werden die Wagen mit Schampus oder Bier, je nach eigenem Budget, begossen, der Rest fließt in die Kehlen der Fahrer, gute Fahrt!
In den vergangenen Tagen sind uns außerdem unzählige Drachen am Himmel aufgefallen, wir dachten es läge an den Feiertagen, dass die Großen und die Kleinen mehr Zeit zum Drachensteigen haben. Doch nun wissen wir mehr: Zu Allerheiligen ziehen die Familien zu den Friedhöfen, bringen vor allem den kürzlich Verstorbenen ihre Lieblingsspeisen und verbringen dort gesellige Stunden im Kreise der Familie - sieht aus wie eine nette Party, nur eben auf dem Friedhof! Die Menschen glauben, dass die Seelen der Verstorbenen für einige Stunden zu ihren Verwandten auf die Erde kommen, um mit ihnen zusammen zu sein. Damit sie auch den richtigen Weg finden, lassen sie Drachen steigen, auf denen sie dann nach unten reiten können! Außerdem gibt es in diesen Tagen besonderes Backwerk, eine Art kleiner Hefezopf, in die Keramikgesichter eingebacken werden, um an die Gesichter der Verstorbenen zu erinnen. Das Gebäck sieht ein bißchen nach Weckmann zu St. Martin aus.
Den heutigen Tag (2. November) haben wir dem gepflegten Nichtstun verschrieben, haben ihn mit dem Frühstücksbuffet in dem Hotel, bei dem wir campen, begonnen und haben außer Tretbootfahren und Rumlungern nichts weiter geplant. Wir sind Debbies Hinweis nachgegangen und spazierten zum Cemeterio Central, was für ein Treiben! Viele Familien, die Unmengen an Brot und anderen Lebensmittel mitbringen, es wird gesungen, musiziert, geweint und gelacht zugleich. Einem Drittel unserer Reisegruppe steigt vor lauter Gerührtheit das Wasser in die Augen, woraufhin Jasper lieber zu Markus auf den Arm möchte ;-)
Morgen wollen wir dann mit dem Schiff zur Isla del Sol fahren, dort einige Stunden wandern und am Abend nach Copacabana zurückkehren.