Cartagena Beach

Cartagena Beach

Donnerstag, 30. Juli 2015

And now something completely different....

¿Que estamos haciendo? Gerade sitzen wir auf einer Estancia im Chaco, dem Nordwesten Paraguays, und während ich diese Zeilen schreibe, höre ich deutsche Musik im Radio, die wohl eindeutig der Kategorie 'Schlager' zuzuordnen ist. Die Estancia Iparoma ist 20km von Fernheim (Filadelfia) entfernt und liegt somit mitten im Chaco. Auf dem schnurgeraden Weg hierher haben wir Flamingos, Reiher, Geier, Störche, Strauße und einen Haufen anderer Tiere gesehen und haben uns gefragt, was Menschen dazu bringt, sich hier niederzulassen - denn wir sind ja zum Glück im Winter hier und schwitzen bei 30°Grad und mehr deutlich stärker als dass es das Wort 'dezent' andeutet! Landwirtschaft und Viehzucht sind hier die beherrschenden Themen und die Kolonisten, die sich hier vor 200 Jahren ansiedelten, konnten hier große Flächen erwerben. Die meisten sind Mennoniten und sprechen - so wie Gerald Wohlgemuth, auf dessen Estancia wir heute campieren, ein Deutsch, dessen Akzent ein bißchen an den der Luxemburger erinnert. Nur die Stimme im Radio, die bei Wüsten-Temperaturen ein Rezept für Schoko-Mandel-Kuchen durchgibt, ist akzentfrei, als wir die Schlagloch-Piste der Ruta 9 befahren, die zwischenzeitlich alle Slalomkünste von Markus fordert.
Doch warum sind wir überhaupt in dieser Ecke des Kontinents gelandet? Von unserem Stopp in Santo Tomé/Argentinien nahmen wir Kurs auf Areguá, 30 km südöstlich von Asunción. Dort wohnen Helga und Jochen Langer, die wir in den vergangenen Tagen kennen und schätzen gelernt haben. Dass diese Begegnung überhaupt zustande kam, ist einem zufälligen Treffen vor dem Marienauer Haupthaus zu verdanken. Jochen war in den 1950er Jahren für zwei Jahre in Marienau im Internat und machte eine Stippvisite bei seiner ehemaligen Schule im Mai. Wir unterhielten uns kurz und die Begegnung war so freundlich, dass ich mich ermutigt fühlte, auf seine Einladung zu rekurrieren, mich zu melden, wenn wir im Sommer nach Südamerika kämen. Gesagt, getan, und so steuerten wir das Haus mit dem großen roten Dach an und wurden sehr herzlich aufgenommen. Dass wir dort überhaupt ankamen, haben wir einer der "Erdbeer-Frauen" an der Ruta Areguá-Patiño zu verdanken, denn als es dunkel wurde, waren wir nur noch wenige Kilometer vom Haus entfernt, aber unser Navi funktionierte nicht richtig, weshalb wir gerne anrufen wollten, um uns lotsen zu lassen. Doch mein Handy verweigerte seinen Dienst, so dass ich einer der Frauen an den die Straße säumenden Erdbeerständen bat, mir ihr Handy zu leihen - vielen Dank dafür! Die Gegend um Areguá ist in Paraguay bekannt für Erdbeeren und Tonwaren.

Für uns bedeutete dieses Ankommen bei Helga und Jochen auch ein Ankommen im Urlaub, denn wir hatten ein erstes Ziel erreicht - nicht mehr das diffuse Gefühl von 'nur' vier Wochen und so endlos vielen Kilometern vor uns beherrschte uns, sondern das Eintauchen in das Leben von zwei Menschen, die uns bei dem vielen unglaublich leckeren Mahlzeiten Einblicke in ihre Lebenslinien gegeben haben. Jochen, im ersten Leben als BWLer im Bereich Marketing und PR mit eigener Firma tätig, verbrachte seine Kindheit u.a. im Hamburger Raum, ebenso Helga, die im Kreis Uelzen aufgewachsen ist und die erste weibliche Luftverkehrskauffrau bei der Lufthansa war - das war damals so neu, dass auf ihrem Abschlussbrief der 'Kaufmann' steht :-) Wenn Ihr, liebe Freunde, glaubt, unsere Reise sei ein Abenteuer, dann bleibt offen, wie es zu nennen ist, wenn man in den 1980er Jahren Land in Paraguay erwirbt und eine Estancia aufbaut, die inzwischen das Dreifache ihrer ursprünglichen Fläche umfasst. Wenn Helga und Jochen von ihren Erlebnissen hier berichten, beginnen die Augen der beiden zu leuchten und es ist, als könne man tatsächlich sehen, wovon sie erzählen.
Das großzügige Haus ist ringsum mit einer Veranda versehen und lässt uns morgens beim Frühstück über den Pool hinweg zum See schauen. Allein Jasper ist mutig genug, in den Pool zu springen, damit im südamerikanischen Winter wenigstens einmal das Einpacken der Badehose seine Berechtigung hatte. Zum Haushalt gehören Synthia und Franciso, die das Haus und das umligegende Gelände bewirtschaften und die beiden Katzen Molly und Tiner, letztere stets auf der Flucht vor Jasper, der zu laut und zu stürmisch ist. Wir wohnen im Gästehaus und fühlen uns in der Gesellschaft unserer Gastgeber sehr wohl, so dass wir nach unserem von Jochen empfohlenen Solo-Ausflug in den heißen Chaco zusammen mit den beiden zu ihrer Estancia aufbrechen werden, um dort zwei Nächte zu verbringen, bevor wir die tosenden Wogen der Iguazu-Wasserfälle bestaunen werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen