Cartagena Beach

Cartagena Beach

Sonntag, 18. Januar 2015

Bye bye Uruguay

Uruguay, eine echte Überraschung für uns! Wir wussten nichts über das Land, nur, dass wir die letzten Tage unserer Reise dort verbringen würden. Es ist ein bißchen wie das Zwillingsland von Ecuador in der Hinsicht, dass es von überschaubarer Größe ist, man schnell von einem Ort zum anderen kommt und die Menschen hier sehr entspannt und freundlich sind. Diese Freundlichkeit schlägt sich auch im Straßenverkehr nieder, denn die Uruguayer fahren mit großer Gemütlichkeit und halten am Zebrastreifen, wenn man nur leicht den Anschein erweckt, eventuell zeitnah den selben überqueren zu wollen. Die Mautgebühren werden selten erhoben und sind nicht besonders hoch, was uns nach der Erfahrung rund um Buenos Aires sehr freute, wo wir doch etliche Pesos in das argentinische Straßensystem investiert haben. Die Menschen hier verbringen gerne viel Zeit draußen, sofern die Hitze des Sommers es erlaubt und der Willen zum Grillen ist ungebrochen, denn bis spät in die Nacht glimmt die Glut auf den Grills der Campingplätze und in den zahlreichen Parrilas in den Städten.
Darüber hinaus sind jedoch beträchtliche Unterschiede, so dass es wohl eher doch kein Zwilling ist: Das Land ist extrem dünn besiedelt, in der Hauptstadt lebt über ein Drittel der Bevölkerung des Landes - den Rest verschlägt es in den Sommermonaten an die Küste, so dass das Landesinnere sehr leer wirkt. In den Urlaubsorten wird viel portugiesisch gesprochen, denn viele Brasilianer kommen hierher, um entspannt Urlaub zu machen, was zur Folge hat, dass man vielerorts auch in Real bezahlen kann. Die Lebenshaltungskosten sind hoch, fast wie bei uns, die Straßen könnten in besserem Zustand sein (eine Autobahn hier firmiert bei uns eher als mäßig gute Bundesstraße) und die Rate der Toiletten ohne Klobrille ist exorbitant hoch. Unsere Reiserecherchen haben ergeben, dass Phil Collins wohl einen Großteil seiner Tantiemen hier einstreicht, denn so oft, wie seine Songs hier an unsere Trommelfelle brandeten, kann es nicht anders sein. An zweiter Stelle der Liste der beliebtesten Bands in Uruguay steht Guns n' Roses, so dass wir uns ein wenig wie auf einem 90er-Trip befanden. Apropos Trip, Uruguay ist ein recht liberales Land, für südamerikanische Verhältnisse nahezu zügellos, denn seit 2007 gibt es hier die rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften (die auch Kinder adoptieren dürfen), seit 2013 auch die Möglichkeit zu heiraten. Damit ist Uruguay das zweite Land des Kontinents - erstaunlicherweise nach Argentinien -, das homosexuellen Paaren eine komfortablere rechtliche Basis schafft. Auch in puncto Drogenpolitik verhält es sich ähnlich, seit Mai 2014 ist Cannabis-Samen an eingetragenen Verkaufsstellen frei erhältlich, der Anbau, Besitz und Konsum von Mengen für den privaten Gebrauch ist legal. Das heißt nicht, dass hier an allen Ecken und Enden süße Duftwolken aufsteigen, im Gegenteil, eine diskrete Handhabung ist an der Tagesordnung. Zum Thema Genussmittel ist außerdem zu sagen, dass hier wohl noch mehr Mate-Tee getrunken wird als in Argentinien, und wir haben uns erst jetzt klar gemacht, dass die Herstellung und der Vertrieb von Thermoskannen hier echt 'ne große Nummer sind! So viele Formen, Farben, Umverpackungen, Designs - es ist umwerfend, wie vielgestaltig man einen Warmwasserbehälter zum trendigen Accessoire werden lassen kann.

Liberalität wird auch beim Grenzübtertritt großgeschrieben: Wir berichteten bereits, dass es jedes Mal ein wenig einfacher und schneller vonstatten ging, eine Ländergrenze zu passieren. Auf der Fahrt von Montevideo nach Porto Alegre wurde es uns sogar so leicht gemacht, dass wir den Übertritt noch nicht mal persönlich erledigen musste. Beim Check-In im Bus händigt man dem Busunternehmen den Pass aus, der Busfahrer und sein Assistent erledigen dann alle Grenzformalitäten, während man selbst im Land der Träume schlummert - am Morgen wird der visierte Pass dann zusammen mit dem Frühstück ausgeteilt, was für ein Service!

Wir werden im Sommer sicher gerne hierher zurückkehren, um vom Paraizo Suizo aus in den zweiten, kleineren Teil unserer Reise aufzubrechen, hasta luego!

Unter der Milchstraße

Nach den Tagen in La Paloma, die weniger wegen des Campingplatzes, sondern in erster Linie wegen Vicky und Hector so schön waren, sind wir noch mal ins Landesinnere gefahren. Über eine gut befestigte Schotterpiste kommen wir schnell voran, die Strecke erinnert uns irgendwie an den Beginn unserer Reise. Wie schon erwähnt gibt es in Uruguay kein nennenswertes Gebirge, aber die Landschaft, die uns umgibt ist hügelig und sehr grün, Bäume gruppieren sich zu kleinen Wäldchen, ab und zu eine Estancia, wirklich eine tolle Gegend und nach den immer gleichen Badeorten entlang der Küste eine willkommene Abwechslung. In Villa Serrana machen wir einen Kakao-Stopp, der Ort besteht aus wild versprengten Häusern rund um einen kleinen See, aber irgendwie lädt er uns nicht weiter zum Verweilen ein. Vielleicht lag es auch am Wetter, denn ein Gewitter hing in der Luft, die still zu stehen schien und uns echt zu schaffen machte, auf jeden Fall fanden wir die Aussicht, hier wild und somit ohne Dusche zu campen mittel bis gar nicht attraktiv. Am späten Nachmittag erreichten wir Salto del Penitente,  wobei der Salto (Wasserfall) an sich nicht so richtig viel kann - man hätte drauf kommen können, denn im Prospekt zum Salto -Naturpark ist nicht die Wasserattraktion selbst, sondern das Aussichtscafè abgebildet, von dem man das Wasser sehen kann. Doch das Drum herum ist nett, man kann sich an Kletterleinen durch sich Lüfte schwingen, schwimmen, reiten und eben mitten in der Natur campen (immer diese Gauchos!). Es gibt auch tolle Duschen (Sie sehen, verehrte Leserschaft, ein zentrales Motiv), so dass der Platz uns gut gefällt. Als wir beim Abendessen vor unserem Bus sitzen, nähert sich plötzlich ein Geräusch, und als wir das Geräusch als schnüffelndes Grunzen indetifiziert haben, nähert sich auch schon eine wirklich riesengroße Sau! Sie schlendert noch mehrfach am Bus vorbei und dreht ihre Runden, aber als es dunkel wird, verzieht sie sich. Dafür überrascht uns der Park mit  dem nächsten spektakulären Programmpunkt: Nachdem die Sonne gänzlich untergegangen ist, funkeln tausende Sterne am Himmel, und je länger man hinschaut, desto mehr entdeckt das Auge. Wir scheinen direkt unter der Milchstraße zu sein, auch wenn diese Formulierung laienhaft klingt, aber ich weiß nicht, wie ich es besser ausdrücken soll. Die schwüle Hitze des Tages  ist klarer und angenehm kühler Nachtluft gewichen und wir gönnen uns einige Minuten Sternenkino - gute Nacht!

Nach einer erfrischenden Dusche (ein seeehr zentrales Motiv) fahren wir nach Minas, schlendern durch den Ort, der eine äußerst angenehme Atmosphäre verbreitet, obwohl er eigentlich unspektakulär ist, vielleicht ja gerade deswegen. In der übersichtlichen Kleinstadt bummeln wir durch Geschäfte, genießen ein zweites Früstück und planen unseren Tag, der vor allem aus vielen Mahlzeiten bestehen wird. Dies deshalb, weil wir schon kleine Fakturas fürs Kaffeetrinken haben, soeben Empanadas fürs Mittagessen kaufen und uns der Bäcker bei unserem Auto noch schnell bestens gelaunt drei Teilchen (in Norddeutschland geht das wohl als Plunder durch) schenkt. Dann fährt uns noch eine echte Besonderheit über den Weg: In Südamerika wird Werbung häufig so betrieben, dass man haushohe Lautsprecherboxen auf ein Auto schnallt, das dann durch die Straßen lärmt mit der immer gleichen Werbeansage. Dass man das Gleiche aber auch auf ein Fahrrad aufmontieren kann, war uns allerdings neu.... Nach einer Nacht auf einem super Campingplatz außerhalb der Stadt starten wir in einen zweiten Minastag mit einem Waschanlagendate für unseren Bus - was für ein Timing, denn als es Zeit wird, den Ben wieder abzuholen, öffnet der Himmel alle Schleusen und der Ort verwandelt sich in ein Venedig mit reißenden Flüssen auf den Straßen! Wir überdauern die Sintflut im Supermarkt und waten irgendwann schließlich mit nassen Füßen zum Ben. Der Regen hört auf und wir genießen einen ruhigen Nachmittag auf dem nunmehr doch recht feuchten Campingplatz.

Am nächsten Tag fahren wir in die Schweiz! Im Paraiso Suizo treffen wir auf viele Overlander und parken zwischen Ines und Regula, die mit ihrem Landcruiser fast zwei Jahre unterwegs waren. Ebenso auf Conny und Lutz, die mit ihrem Riesenschnauzer Dongo und ihrem treuen Landrover eigentlich nur ein Jahr unterwegs sein wollten - es wurden dann ebenfalls fast zwei. Für sie alle ist auch bald das Ende der Reise erreicht, so dass auf dem Platz entspanntes Nichsttun angesagt ist, nur bei uns nicht. Der gute Ben wird von außen und innen geschrubt und fein rausgeputz, die Küche gestrichen, mit anderen Worten alles so hergerichtet (einen herzlichen Gruß an Jessi, die hier wohl "hingerichtet" bevorzugen würde ;-) ), dass er das halbe Jahre auf dem Stellplatz hoffentlich gut übersteht. Es tut auch gut, zum Abschluss noch einmal andere Reisende zu treffen. Die Begegungen mit anderen sind stets inspirierend und es macht Freude, Erinnerungen an (gemeinsam) Erlebtes auszutauschen. Auf Markus Frage, nach dem fahrerisch schlimmsten Erlebnis antwortete die Runde dann auch herrlich einstimmig: "Juliaca"!!!!! Dabei handelt es sich um jenen Ort in Peru, der anstelle von Straßenbelag eine nicht enden wollende Reihe von Riesenschlaglöchern besitzt und in dem wir in den Wochenendmarkt geraten sind, an dem es weder vor noch zurück ging, letzteres in Südamerika ein Ding der Unmöglichkeit, da hier kaum jemand im Rückwärtsgang fahren kann/möchte. Herrlich! Ein besonderes Ereignis ist für uns dann die Ankunft eines alten roten VW T2, Guido und Miriam aus der Schweiz (woher auch sonst!) treffen ein. Die beiden haben wir ganz zu Beginn der Reise in Kolumbien getroffen und es ist ein wenig so, als schließe sich damit der Kreis. Nach einem letzten Adressaustausch parken wir den blank geputzten Ben, laden unser Gepäck ins Heinz' Auto, der uns zum Bus nach Montevideo bringt. Dort bleiben uns zwei Stunden Zeit zum Rumlungern, bis wir in den Nachtbus nach Porto Alegre steigen, in dem wir alle doch recht gut schlafen können, wenn man von den in Bussen üblichen heiß-kalt-Phasen der Temperaturregulation absieht.

Porto Alegre:
Seit der WM ist klar, dass es sich um eine Stadt in Brasilien handelt, die ein Stadion hat und... tja, das UND gilt es zu finden. Charme ist es vermutlich nicht, denn die wenigen hübschen alten Bauten verschwinden zwischen tausenden von schrecklichen 70er-/80er-Jahre-Bauten. Außerdem ist es unerträglich schwül, unterbrochen von Wolkenbrüchen, die die Luftfeuchtigkeit weiter steigen lassen. Positiv ist, dass wir direkt am Morgen nach unserer Ankunft schon in unser Zimmer können, auch, dass wir einen typischen Herrenfriseur finden, der Zeit hat, zwei Dritteln unserer Reisegruppe die Haare zu schneiden (Markus ist dabei besonders tapfer: er lässt sich von jemandem mit klassischem Rasiermesser traktieren und bestätigte vorher dessen These, dass es sich um einen 7:1-Aleman handele), sowie die Burritos am Abend. Der zweite Tag ist viel besser, das Wetter zeigt sich freundlicher, wir finden auch einige nette Ecken in der Stadt, wie die Casa de Cultura und ein Straßenkarneval, und sind erstaunt und fasziniert zugleich vom Militärmuseum, dass bei freiem Eintritt eigentlich nur eine Akquiseveranstaltung der brasilianischen Streitkräfte ist. Markus erlebt eine Premiere, er saß zum ersten Mal in einem Panzer und weiß, was in der Top Five - Liste der Plätze, an denen er nicht arbeiten möchte, ganz oben steht. Porto Alegre ist definitiv eine Stadt des zweiten Blicks, aber was hier am zweiten Tag auch deutlich wird, ist die "brasilianische Realität" (Zitat der Rezeptionistin), dass es sehr viele arme Menschen gibt, die überall in der Stadt ihre Zelte (das ist wörtlich zu nehmen!) aufschlagen. Für uns heißt es hier, mit Nichtstun die Zeit ohne Bus zu verbringen und dann am Montagabend in den Flieger nach Lissabon und später den nach Hamburg zu steigen.

Dienstag, 13. Januar 2015

Schnupfen, Sand und Strand

Ist ein Leben ohne Grill möglich? Seit Tagen ziehen wir an der (gar nicht so langen) Küste von Uruguay nordost- und südwärts und wir haben den Eindruck, dass das Land einige Kilometer im Landesinneren deshalb so leer wirkt, weil ganz Uruguay sich während der Sommermonate an der Küste aufhält. Die Badeorte reihen sich wie Perlen auf einer Schnur, mal schicker, mal eher basic, aber immer mit der Attitüde, dass ein Leben jenseits von Meer, Strand und Grill sinnlos scheint.
Und hier haben wir auch geschafft, was uns die gesamte Reise vorher nicht widerfahren ist: Wir haben uns festgefahren. Doch kein Problem, der freundliche Uruguayer holt seinen Traktor und Ben ist ruckzuck wieder frei. Wir waren auch schon organisatorisch tätig und haben das Paraiso Suizo besucht, wo unser Ben in den kommenden sechs Monaten leben wird, während wir in den deutschen Winter zurückfliegen. Danach zog es uns weiter nach Las Flores auf einen schönen Campingplatz, auf dem wir zwei Tage blieben in der Hoffnung, die Erkältung möge endlich weichen. Fakt ist aber, dass Markus und v.a. ich eher noch stärker gebeutelt werden, während sich immerhin Jaspers Gesundheitszustand zu verbessern scheint. Auf dem Platz macht Jasper Bekanntschaft mit der gleichaltrigen Lulu, mit der er Ball und Kekse teilt, die allerdings neben ihm aussieht, als lägen altersmäßig viele Monate zwischen ihnen. Der zweite Tag in Las Flores wird dann doch kein Strandtag, denn nachdem es am Morgen schon kräftig wehte, krachte ab 11 Uhr ein heftiges Gewitter los gefolgt von langanhaltendem Regen, so dass wir den Tag ganz dem Rumhängen und Nichtstun widmen konnten. Tags drauf sind wir fast bis zur brasilianischen Grenze gefahren, genauer nach Punta del Diablo, um festzustellen, dass dieser Fleck in der Mitte von nix ein seeehhhhr beliebtes Urlaubsziel ist. Der Ort besteht eigentlich nur aus Cabañas, Campingplätzen, Ferienhäusern und anderen Unterkünften, und auch unser Campingplatz ist ziemlich groß und gut bevölkert - und kostet ziemlich viel. Die Nacht gestaltet sich musikintensiv, was vor allem Markus genießen konnte, während ich im komatösen Tiefschalf war - das Resultat von meiner schlaflosen Zeit in der vorangegangenen Nacht. Der nächste Morgen hält für uns einen Besuch im Parque Nacional Santa Teresa bereit, ein riesiges Naturschutzgebiet (das aber eigentlich ein Campingatz mit zuvor nie gesehenen Dimensionen ist), dessen Herzstück ein altes Fort ist. Es stammt aus dem 18. Jahrhundert, wurde von den Portugiesen erbaut und von den Spaniern später fertiggestellt. Es hat die Form eines unregelmäßigen Fünfecks, das die Überwachung des Gebiets in optimaler Weise ermöglichte. Die Festung bot immer wieder Schutz bei den diversen Auseinandersetzungen in diesem Gebiet, an denen sich Portugiesen, Spanier, Engländer, die Banda Oriental und die Kreolen beteiligten. Während des Bürgerkriegs des jungen Staates Uruguay bot sie Manuel Oribe und seinen Anhängern Zuflucht, bevor das Fort seine militärische Bedeutung schließlich verlor. Bis 1928 war hier ein Lager der Armee zur Pferdezucht stationiert, und auch heute sind es Soldaten, die den Eingang des Nationalparks und des Forts bewachen. Das Fortaleza ist toll restauriert und begeistert vor allem Jasper mit Kanonen und dazugehörigen Kugeln, Soldatenfiguren etc. Richtig wach wurden wir drei plötzlich, als wir eines der Ecktürmchen betreten wollten, ein Vogelpärchen aber offensichtlich etwas dagegen hatte. Der eine Vogel schrie uns wie wild in geduckter Haltung von der Brüstung aus an, woraufhin ein zweiter herangeschossen kam und fortan Attacken in Schleifen auf uns flog. Beeindruckt und eingeschüchtert suchten wir das Weite und es kehrte Ruhe in der Vogelwelt ein.

Nach dem Besuch des Forts fuhren wir wieder südwärts und sind nun in La Paloma (hoffentlich ist das auch für Euch der Ohrwurm des Tages, bei uns war er es) auf einem Platz, der uns trotz noch bestehendem Husten und Schnupfen morgen einen Strandtag bieten wird, denn unser Ben steht nur 200 Meter vom Badestrand entfernt. So wie es nach dem Kurzbesuch am frühen Abend scheint, werden wir uns diesen schönen Fleck mit gaaanz vielen anderen Menschen teilen. Egal, wenn wie heute ein Fußballpartner für Jasper dabei rausspringt, ist es fein. Er hat heute nämlich mit einem anderen Jungen gespielt und sie haben sich fröhlich gegenseitig den Ball abgejagt. Wir und auch die Mutter des Jungen waren sehr froh darüber, so musste sie nämlich nicht weiter den Torwart mimen. Dass zwischen Jasper und dem anderen Jungen ganze 1,5 Jahre Altersunterschied lagen, fiel nicht im Spiel, sondern einzig dadurch auf, dass Jasper noch größere kindliche Bgeistertungsfähigkeit für die Wellen aufbrachte und zuweilen mitten im Sprint abbog um johlend den Wellen entgegen zu hopsen oder um plötzlich den Ball in die Hände zu nehmen und zum Keksessen zu uns zu stürmen - auch eine Möglichkeitden Gegenspieler zu verwirren. Nach einem regenreichen Vormittag, dem Auffinden einer Lavanderia, was uns sehr glücklich machte, und einem Abstecher nach Rocha stellt sich die Situation auf dem Camping wie folgt dar: Es hat eine brasilianische Invasion stattgefunden, und wie wir schon in Cusco festgestellt haben, mag es der Brasilianer gerne geräumig. Vier große Riesencamper haben sich neben uns postiert, einer hat sogar einen kleinen Fiat mit einer Deichsel im Schlepptau, um vor Ort mobil sein zu können. Links neben uns gibt es das Kontrastprogramm, Vicky und Hector mit ihrem kleinen alten T2-VW Bus und einem Zelt. 
Hector und Vicky leben eigentlich nur 5 Kilometer von hier entfernt, ziehen aber während der Sommermonate aus (weil dann hier alles inklusive der Mieten für 2 Monate super teuer wird) und wohnen selbst auf dem Campingplatz. Sie haben berichtet, dass das sehr viele Leute von hier so handhaben, denn von Mitte Dezember bis Ende Januar ist die Gegend hier von Besuchern überflutet und alle suchen Unterkünfte (warum also nicht ein wenig Geld verdienen), in den restlichen Monaten ist es sehr ruhig bis ausgestorben. Jasper ist von den beiden ganz angetan, v.a. von ihrem Hund Mora, dem er gestern ein schmackhaftes Abendessen zubereitete. Er nahm die einzelnen Trockenfutter -Brocken, tunkte sie in Wasser, verkündetete, sie seien nun sauber und war sehr zufrieden mit seinem Werk!
Den heutigen Tag verbringen wir mit unserer kleinen Heule-Eule auf dem Campingplatz, bevor wir am Nachmittag mit Sack und Pack an den Strand umsiedeln. Der Strand ist super, flaches Ufer, freundliche Wellen, viele Leute zum Angucken. Am Abend kochen wir leckeres Abendessen auf dem Campingplatz und verbringen einen geselligen Abend mit Hector und Vicky, die eigentlich zu einem Konzert gehen wollten, sich aber nicht aufraffen konnten, los zu marschieren. Die beiden haben Jasper ihrerseits auch ins Herz geschlossen, so dass sie am kommenden Morgen Jasper als Bäckergehilfen engagieren, und das Brot ist wirklich köstlich. Da dies der Tag unserer Abreise ist, verabschieden wir uns von unseren herzlichen Nachbarn mit den Worten "Hasta Julio!", da sie uns eingeladen haben, sie im Sommer (oder Winter, je nach Perspektive) zu besuchen.

Montag, 5. Januar 2015

Im Land von Diego Forlan

Obwohl uns der Campingplatz in Las Cañas ausnehmend gut gefällt, wollen wir doch schnell weiter. Silvester steht vor der Tür. Da wir dieses Fest nicht mit unseren Freunden feiern können, wollen wir zumindest einen Ort ansteuern, der etwas mehr zu bieten hat. Nach einem kleinen Mittagsstopp in Mercedes (inklusive Bummel durch das Örtchen), holpern wir mit unserem Ben weiter über doch recht löchrige Straßen. Nicht weit entfernt liegt Colonia del Sacramento, ein Örtchen, das wohl auf jeder Liste von Touristen in Uruguay steht. Kopfsteingepflasterte Straßen führen durch malerische Gässchen, der Ausblick auf den Rio de la Plata verheißt Entspannung und die Historie bietet auch für Geschichtsinteressierte so einiges: Die Portugiesen gründeten 1680 Colonia als strategischen Brückenkopf, um Waren nach Buenos Aires (spanisch) zu schmuggeln und das eigene Gebiet (bzw. das von Portugiesen kontrollierte Gebiet in Südamerika) besser verteidigen zu können. Im Laufe der nächsten Jahre gab es immer wieder Auseinandersetzungen um Colonia mit (besonders) Spanien, England, Argentinien, Brasilien, in deren Verlauf die Oberhoheit häufiger wechselte. Dem Charme der Stadt konnte das wenig anhaben, so dass Colonia 1995 in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten aufgenommen wurde. Dem weiblichen Drittel unserer Reisegruppe gefällt allerdings ein Werbeplakat mit dem "schönen Diego Forlan" (oller Owen Wilson-Verschnitt) mehr als das historische Drumherum. Zugegeben, die Ästhetik der Stadt versinkt zunehmend in wolkenbruchartigen Regenschauern und die Frisur von Diego Forlan hält. Vielleicht ist dieser Wetterwechsel auch der Grund dafür, dass unsere Silvesterpläne ins Wasser fallen: drei verschniefte Schnupfnasen husten sich ein "feliz año nuevo" im Ben entgegen, um dann kurz nach Mitternacht endlich einschlafen zu dürfen.
Vielleicht ist der nächste Ort eine Erholung für uns. Wir hörten von einer Estancia (großer Landsitz) mit Pferden, der sich in der Nähe einer valdensischen und schweizerischen "Niederlassung" auf Tourismus eingestellt haben soll. Wir kurven ewig auf Feldwegen umher und stehen endlich vor... einem geschlossenen Tor. Dann halt nicht. Da Uruguay doch eher ein Zwerg unter den südamerikanischen Ländern ist, fahren wir einfach nach Montevideo weiter (ist ja auch nicht mehr weit). Der Campingplatz ist schnell gefunden, liegt mitten im Wald und ist bereits vom Duft zahlreicher Lagerfeuer olfaktorisch gekennzeichnet. Uruguay scheint DAS Campingvolk zu sein, wobei die Atmosphäre eher an ein Festival erinnert: überall dröhnt Musik aus Boxen, Fleisch liegt auf dem Grill, die Anfahrt erfolgt mit teils abenteuerlich überladenden Fahrzeugen, die wohl den gesamten Hausstand transportieren (inklusive Fernseher, großem Kühlschrank, Sofas). Am Abend erleben wir noch die Relativität der Schönheit: hunderte in den letzten Sonnenstrahlen zwischen den Bäumen schwirrende Libellen (sehr, sehr schön) vs. vier in unserem Ben dieser umhersausenden "Helikopterinsekten" (gar nicht schön). Demgegenüber erleben wir Montevideo an den nächsten zwei Tagen als (unrelativiert) schön, was eventuell auch am heimischen Kuchen im Cafè Oro del Rhin (Rheingold, hört hört) und leckerem Essen mit an uns sehr interessierten montevideños liegen könnte. Ein knapp über 130 Meter hohes Stadthügelchen wurde gleich doppelter Namensgeber dieser Metropole. Das europäische "Monte" (Hügel) und das "Yvyty" (Felsen) der einheimischen Guarani bildeten die Kombination, aus dem später der jetzige Stadtname wurde. In einem Land, in dem die höchsten Erhebungen gerade mal die 500 Meter streifen, scheint das Anlass genug für die Benennung zu sein. Bereits die Fahrt nach MV wirkte auf uns in etwa wie eine Tour durch das deutsche MV (Mecklenburg-Vorpommern): viele Kühe, grüne Wiesen, weites Land und eben keine Berge. In Montevideo (1,3 Millionen) hat sich dann gleich ein Drittel der Bevölkerung Uruguays versammelt, kein Wunder also, dass der Rest des Landes so dünn besiedelt ist. Montevideo wurde más o menos aus den gleichen Gründen wie Colonia del Sacramento gegründet - nur eben von den Spaniern. Interessanterweise befürchteten die "Spanier" in Buenos Aires einen unwillkommenen Konkurrenten am Rio de la Plata, so dass deren Einfluss dazu führte, dass in der Gründungszeit Montevideos nur Befestigungsanlagen und sakrale Bauten aus "überdauernden" Materialien errichtet werden durften, Wohnraum nur aus Lehm oder Tierhäuten. Aus dieser Zeit gibt es also nicht mehr allzu viel zu bestaunen. Dennoch gibt es beeindruckende Bauten in Montevideo, die in ihrem seltsamen Mix (Betonbauten neben Jugendstilhäusern, neo-klassizistische Albert-Speer-Gedächtnisbauten neben schnuckeligen Kolonialhäuschen) eine recht eigentümliche und fast schon gemütliche Atmosphäre zum Rummäandern schaffen. Auch die Kultur kommt nicht zu kurz: Wir entscheiden uns zwischen all den Museen für das Espacio de Arte Contemporáneo, einem ehemaligen Gefängnis, das zeitgenössische Kunst beherbergt, und dem Mausoleum des Nationalhelden José Artigas. Montevideo ist also ein feines Plätzchen, das für das weibliche Drittel unserer Reisegruppe auch wieder mit haufenweise Diego Forlan-Werbeplakaten aufwartet. Doch rückt auch das vorläufige Ende unserer Reise immer näher, so dass wir uns noch (frühzeitig) mit Tickets für den Nachtbus nach Porto Alegre (unserem Abflugsort) ausrüsten und dann mit dem Ben in den verbleibenden Tagen die Atlantikküste abfahren.

Donnerstag, 1. Januar 2015

Tschüß Argentinien!

Nach vier Tagen im Hotel, in denen wir uns nicht darum kümmern mussten, wo die nächste Dusche ist, wie wir unsere Handtücher wieder sauber bekommen, wer den Kaffee zum Frühstück kocht, ist es doch etwas seltsam, wieder in unseren Ben zu steigen und unseren unmittelbaren Wohnraum wieder deutlich beengter zu wissen. Auf der Calle Florida geht es noch einmal darum, die beste Umtauschquote für unser letztes Bargeld (Dollar und Euro) auszuhandeln. Unser nächstes Ziel heißt Lujan (wieder etwas westlich von Buenos Aires). Lujan ist berühmt für zwei Dinge: Die Jungfrau von Luján, eine ca. 50cm große Marienstatue, die jährlich viele tausend Gläubige in die große Kathedrale pilgern lässt. Was ihre Wundertaten betrifft, so ist die Indizienlage dürftig (oder wir haben schlecht übersetzt), dennoch wurde die Virgen von Papst Johannes Paul II. zur Schutzheiligen von Argentinien, Uruguay und Paraguay erklärt.
Nach den nächsten Straßengebühren, einem kleinen Supermarktbesuch und einem überschaubaren Mittagessen ergab der Kassensturz eine beunruhigend geringe Menge an Restgeld. Das bringt uns zur zweiten Sehenswürdigkeit in Lujan: Ein Zoo, der damit wirbt, dass die Tiere alle mehr oder minder zahm sind. Man kann im Zoo auch campieren und wortwörtlich mit Löwen und Tigern frühstücken, allerdings verschlug uns der Preis die Sprache, da Jasper auch voll bezahlen sollte. So haben wir verzichtet und unsere wenigen verbleibenden Pesos zum nächsten Campingplatz gebracht und an der nächsten Tankstelle in den Tank gestopft. Heute morgen sind wir dann gestartet, um nach Uruguay einzureisen, und zwar über die Puente International, die uns nach Fray Bentos bringen sollte. Tat sie auch, wenn auch geldmäßig denbar knapp, denn die Brückenmaut betrug 100 Arg. Pesos, und wir hatten noch 130! Aber, es hat ja gereicht :-)
Der Grenzübertritt war der bislang schnellste überhaupt: Saßen beim Übergang Chile-Argentinien Beamten beider Länder zusammen in einem Häuschen, erledigte heute eine Person alles in Personalunion bei der Migracíon und auch beim Zoll war alles ruckzuck erledigt. Keine Zettelausfüllerei, kein Gewurstel mit Kopien, zack, zack, in 10 Minunten war alles erledigt. Hinter der Grenze dann direkt die erste Touri-Info, die uns auch sofort einen kleinen Camping-Guide für Uruguay in die Hand drückte - das fängt gut an. Heute sind wir auf einen riesigen Campingplatz in Fray Bentos direkt am Rio de la Plata gefahren und etwa eine Stunde später Nachbarn von Bianca und Norbert aus Hamburg geworden, die für drei bis vier Monate mit dem Motorrad durch Südamerika reisen. In unserer kleinen Fünferrunde schmeißen wir abends einen der Campinggrills an und fallen zwischen all den Uruguayern lediglich dadurch auf, dass wir ewig brauchen, das Feuer in Gang zu bekommen und dann auch noch Holzkohle benutzen (und nicht Holz)! Dann müssen wir das wohl in den nächsten Tagen noch einmal üben.

Zeit für ein Resumee:
Argentinien emfing uns mit irrer Sommerhitze und wir wünschten uns so manches Mal auf 4.000m in die Anden zurück. Das Gespenst der Wirtschaftskrise wandert durch das Land, tut allerdings den Restaurant- und Cafè-Besuchen keinen Abbruch. Auch die Kauflust der Argentinier scheint ungebremst, allerdings wird man stutzig, wenn selbst in Schuhgeschäften ein Kauf mit 12 Monatsraten angeboten wird. Die Koexistenz des Argentinischen Pesos und des Blue Dollar macht das Geldausgeben irgendwie kompliziert. Es ist nicht ratsam, Geld am Automaten abzuheben, da man hier mit dem offiziellen Kurs von 1:8 einfach schlechter bei wegkommt, aber die ständige Suche nach dem besten Kurs bei den Schwarzmarkthändlern ist etwas nervig. Man muss es dennoch immer wieder tun, da Argentinien kein günstiges Land ist und das Geld einem schneller durch die Finger rennt als man es gutheißen kann. Auf jeden Fall hat es sich gelohnt, uns in Ecuador mit reichlich Dollar auszustatten, so waren wir gut gerüstet. Spannend ist auch, wie viel Maut man so bezahlen muss, denn es handelt sich hier um ein kompliziertes Zusammenspiel von Fahrzeughöhe, Fahrzeugtyp, Anzahl der Achsen und Uhrzeit, das die Höhe der Maut bestimmt - und wenn man denkt, man hat auf dem Schild genau gelesen, wie viel zu bezahlen sei, so nennt der Mitarbeiter im Mauthäuschen bestimmt eine andere Summe, verrückt!

Allgegenwärtig ist in Argentinien die Parilla, der Grill, und das Fleisch ist wirklich vorzüglich, auch wenn man es hier gerne  tendenziell durchwachsen ißt. Auch wenn unser Weihnachtsfest im Fleischtempel einem Essen in der Tourifalle sehr nahe kam, war die Qualiät der Speisen hoch. Genauso präsent ist der Matetee, die Menschen laufen hier eigentlich immer mit ihrem Trinkbecher (im Original ein ausgehöhlter Minikürbis) mit Trinkstab und Teepulver rum, dazu gehört die obligatorische Thermoskanne mit heißem Wasser, die vielen unter dem Arm festgewachsen zu sein scheint. Man kann ohne Skrupel in jeden Laden in der Stadt gehen und sich Wasser heiß machen lassen, da zuckt keiner mit der Wimper. In Tankstellen und auf Rastpläzen gibt es sogar Automaten, die nach dem Einwurf eines Pesos heißes Wasser preisgeben. Auch eine amüsante Niedlichkeit ist, dass in Argentinien am 29. eines jeden Monats "Noquis"-Tag ist! Die argentinische Küche ist in großem Maße von der italienischen beeinflusst, und so finden sich neben unzähligen Pasta- und Pizzagerichten auch Gnocchis hier, freilich gewöhnungsbedürftig geschrieben. Da am Ende des Monats das Geld knapp wurde, griff man zu einfachen, günstigen, dennoch schmackhaften Gerichten. Das hält sich bis heute, so dass man am 29. des Monats auch in vielen Kantinen öffentlicher Einrichtungen Noquis isst.

Vor unserer Einreise nach Argentinien hatten wir einige Schauergeschichten über die Sicherheitslage gehört und konnten nicht verhindern, dass das Gehörte uns beeindruckte. Das Erlebte steht glücklicherweise im Gegensatz dazu, denn wir haben uns hier sehr wohl gefühlt und viele ausnehmend freundliche Begegnungen gehabt. Wir haben die Argentinier als sehr hilfsbereit erlebt und schätzen die freundliche, offnene Atmosphäre, die uns als Fremden vielerorts entgegen gebracht wurde - außer zwischen 13 und 17 Uhr. In keinem Land wurde die Mittagspause so rigoros eingehalten, was uns wirklich häufig den Anblick total verwaister Orte bescherte. Da ist einfach nix zu wollen, in kleinen Städtchen schließen sogar relativ große Supermärkte, da man sich in der großen Hitze außer Stande sieht zu arbeiten. Natürlich ist es für uns ohne Frage nachvollziehbar, dass man in der Mittagshitze keine schweren Arbeiten leisten möchte, aber als Reisende sich darauf einzustellen erfordert Flexibilität und Nachsicht - Trainingseinheit in Gelassenheit!

Was wir gerne noch gemacht hätten: Einige Ecken von Argentinien fehlen uns, so waren wir bespielsweise nicht in Salta im Nordwesten des Landes, unsere Route war anders gesteckt. Die beeindruckenden Wasserfälle von Iguazu haben wir uns für den kommenden Sommer aufgehoben, in den Genuss kommen wir also noch. Was wir nicht geschafft haben und auch bei der Mini-Fortsetzung nicht schaffen werden, ist, den Süden Argentiniens kennen zu lernen. Dazu zählt einerseits die weite Pampa, andererseits natürtlich Patagonien und die Tierra del Fuego. Zeitlich wäre es super, nun dorthin aufzubrechen, da dort Sommer ist und dies die beste Zeit ist, die Gletscher zu besuchen. Wir hätten unserer Route an anderer Stelle erheblich straffen müssen, um so weit nach Süden fahren zu können, in der Rückbetrachtung möchten wir aber nichts vom Gesehenen missen. Also braucht es wohl eine weitere Reise.....