Cartagena Beach

Cartagena Beach

Sonntag, 18. Januar 2015

Unter der Milchstraße

Nach den Tagen in La Paloma, die weniger wegen des Campingplatzes, sondern in erster Linie wegen Vicky und Hector so schön waren, sind wir noch mal ins Landesinnere gefahren. Über eine gut befestigte Schotterpiste kommen wir schnell voran, die Strecke erinnert uns irgendwie an den Beginn unserer Reise. Wie schon erwähnt gibt es in Uruguay kein nennenswertes Gebirge, aber die Landschaft, die uns umgibt ist hügelig und sehr grün, Bäume gruppieren sich zu kleinen Wäldchen, ab und zu eine Estancia, wirklich eine tolle Gegend und nach den immer gleichen Badeorten entlang der Küste eine willkommene Abwechslung. In Villa Serrana machen wir einen Kakao-Stopp, der Ort besteht aus wild versprengten Häusern rund um einen kleinen See, aber irgendwie lädt er uns nicht weiter zum Verweilen ein. Vielleicht lag es auch am Wetter, denn ein Gewitter hing in der Luft, die still zu stehen schien und uns echt zu schaffen machte, auf jeden Fall fanden wir die Aussicht, hier wild und somit ohne Dusche zu campen mittel bis gar nicht attraktiv. Am späten Nachmittag erreichten wir Salto del Penitente,  wobei der Salto (Wasserfall) an sich nicht so richtig viel kann - man hätte drauf kommen können, denn im Prospekt zum Salto -Naturpark ist nicht die Wasserattraktion selbst, sondern das Aussichtscafè abgebildet, von dem man das Wasser sehen kann. Doch das Drum herum ist nett, man kann sich an Kletterleinen durch sich Lüfte schwingen, schwimmen, reiten und eben mitten in der Natur campen (immer diese Gauchos!). Es gibt auch tolle Duschen (Sie sehen, verehrte Leserschaft, ein zentrales Motiv), so dass der Platz uns gut gefällt. Als wir beim Abendessen vor unserem Bus sitzen, nähert sich plötzlich ein Geräusch, und als wir das Geräusch als schnüffelndes Grunzen indetifiziert haben, nähert sich auch schon eine wirklich riesengroße Sau! Sie schlendert noch mehrfach am Bus vorbei und dreht ihre Runden, aber als es dunkel wird, verzieht sie sich. Dafür überrascht uns der Park mit  dem nächsten spektakulären Programmpunkt: Nachdem die Sonne gänzlich untergegangen ist, funkeln tausende Sterne am Himmel, und je länger man hinschaut, desto mehr entdeckt das Auge. Wir scheinen direkt unter der Milchstraße zu sein, auch wenn diese Formulierung laienhaft klingt, aber ich weiß nicht, wie ich es besser ausdrücken soll. Die schwüle Hitze des Tages  ist klarer und angenehm kühler Nachtluft gewichen und wir gönnen uns einige Minuten Sternenkino - gute Nacht!

Nach einer erfrischenden Dusche (ein seeehr zentrales Motiv) fahren wir nach Minas, schlendern durch den Ort, der eine äußerst angenehme Atmosphäre verbreitet, obwohl er eigentlich unspektakulär ist, vielleicht ja gerade deswegen. In der übersichtlichen Kleinstadt bummeln wir durch Geschäfte, genießen ein zweites Früstück und planen unseren Tag, der vor allem aus vielen Mahlzeiten bestehen wird. Dies deshalb, weil wir schon kleine Fakturas fürs Kaffeetrinken haben, soeben Empanadas fürs Mittagessen kaufen und uns der Bäcker bei unserem Auto noch schnell bestens gelaunt drei Teilchen (in Norddeutschland geht das wohl als Plunder durch) schenkt. Dann fährt uns noch eine echte Besonderheit über den Weg: In Südamerika wird Werbung häufig so betrieben, dass man haushohe Lautsprecherboxen auf ein Auto schnallt, das dann durch die Straßen lärmt mit der immer gleichen Werbeansage. Dass man das Gleiche aber auch auf ein Fahrrad aufmontieren kann, war uns allerdings neu.... Nach einer Nacht auf einem super Campingplatz außerhalb der Stadt starten wir in einen zweiten Minastag mit einem Waschanlagendate für unseren Bus - was für ein Timing, denn als es Zeit wird, den Ben wieder abzuholen, öffnet der Himmel alle Schleusen und der Ort verwandelt sich in ein Venedig mit reißenden Flüssen auf den Straßen! Wir überdauern die Sintflut im Supermarkt und waten irgendwann schließlich mit nassen Füßen zum Ben. Der Regen hört auf und wir genießen einen ruhigen Nachmittag auf dem nunmehr doch recht feuchten Campingplatz.

Am nächsten Tag fahren wir in die Schweiz! Im Paraiso Suizo treffen wir auf viele Overlander und parken zwischen Ines und Regula, die mit ihrem Landcruiser fast zwei Jahre unterwegs waren. Ebenso auf Conny und Lutz, die mit ihrem Riesenschnauzer Dongo und ihrem treuen Landrover eigentlich nur ein Jahr unterwegs sein wollten - es wurden dann ebenfalls fast zwei. Für sie alle ist auch bald das Ende der Reise erreicht, so dass auf dem Platz entspanntes Nichsttun angesagt ist, nur bei uns nicht. Der gute Ben wird von außen und innen geschrubt und fein rausgeputz, die Küche gestrichen, mit anderen Worten alles so hergerichtet (einen herzlichen Gruß an Jessi, die hier wohl "hingerichtet" bevorzugen würde ;-) ), dass er das halbe Jahre auf dem Stellplatz hoffentlich gut übersteht. Es tut auch gut, zum Abschluss noch einmal andere Reisende zu treffen. Die Begegungen mit anderen sind stets inspirierend und es macht Freude, Erinnerungen an (gemeinsam) Erlebtes auszutauschen. Auf Markus Frage, nach dem fahrerisch schlimmsten Erlebnis antwortete die Runde dann auch herrlich einstimmig: "Juliaca"!!!!! Dabei handelt es sich um jenen Ort in Peru, der anstelle von Straßenbelag eine nicht enden wollende Reihe von Riesenschlaglöchern besitzt und in dem wir in den Wochenendmarkt geraten sind, an dem es weder vor noch zurück ging, letzteres in Südamerika ein Ding der Unmöglichkeit, da hier kaum jemand im Rückwärtsgang fahren kann/möchte. Herrlich! Ein besonderes Ereignis ist für uns dann die Ankunft eines alten roten VW T2, Guido und Miriam aus der Schweiz (woher auch sonst!) treffen ein. Die beiden haben wir ganz zu Beginn der Reise in Kolumbien getroffen und es ist ein wenig so, als schließe sich damit der Kreis. Nach einem letzten Adressaustausch parken wir den blank geputzten Ben, laden unser Gepäck ins Heinz' Auto, der uns zum Bus nach Montevideo bringt. Dort bleiben uns zwei Stunden Zeit zum Rumlungern, bis wir in den Nachtbus nach Porto Alegre steigen, in dem wir alle doch recht gut schlafen können, wenn man von den in Bussen üblichen heiß-kalt-Phasen der Temperaturregulation absieht.

Porto Alegre:
Seit der WM ist klar, dass es sich um eine Stadt in Brasilien handelt, die ein Stadion hat und... tja, das UND gilt es zu finden. Charme ist es vermutlich nicht, denn die wenigen hübschen alten Bauten verschwinden zwischen tausenden von schrecklichen 70er-/80er-Jahre-Bauten. Außerdem ist es unerträglich schwül, unterbrochen von Wolkenbrüchen, die die Luftfeuchtigkeit weiter steigen lassen. Positiv ist, dass wir direkt am Morgen nach unserer Ankunft schon in unser Zimmer können, auch, dass wir einen typischen Herrenfriseur finden, der Zeit hat, zwei Dritteln unserer Reisegruppe die Haare zu schneiden (Markus ist dabei besonders tapfer: er lässt sich von jemandem mit klassischem Rasiermesser traktieren und bestätigte vorher dessen These, dass es sich um einen 7:1-Aleman handele), sowie die Burritos am Abend. Der zweite Tag ist viel besser, das Wetter zeigt sich freundlicher, wir finden auch einige nette Ecken in der Stadt, wie die Casa de Cultura und ein Straßenkarneval, und sind erstaunt und fasziniert zugleich vom Militärmuseum, dass bei freiem Eintritt eigentlich nur eine Akquiseveranstaltung der brasilianischen Streitkräfte ist. Markus erlebt eine Premiere, er saß zum ersten Mal in einem Panzer und weiß, was in der Top Five - Liste der Plätze, an denen er nicht arbeiten möchte, ganz oben steht. Porto Alegre ist definitiv eine Stadt des zweiten Blicks, aber was hier am zweiten Tag auch deutlich wird, ist die "brasilianische Realität" (Zitat der Rezeptionistin), dass es sehr viele arme Menschen gibt, die überall in der Stadt ihre Zelte (das ist wörtlich zu nehmen!) aufschlagen. Für uns heißt es hier, mit Nichtstun die Zeit ohne Bus zu verbringen und dann am Montagabend in den Flieger nach Lissabon und später den nach Hamburg zu steigen.

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