Cartagena Beach

Cartagena Beach

Sonntag, 21. Dezember 2014

Heiße Nächte im Moskito-Imperium

Solltet Ihr Euch je gefragt haben, wo eigentlich die vielen tausend Moskitos dieser Welt herkommen, wir machen gerade eine exklusive Tour durch ihr Imperium. Durch die Omnipräsenz von Flüssen im "Zweistromland", dem argentinischen Bundesstaat Entre Rios (= dt.: Zwischen Flüssen) wimmelt es nur von den Dingern und wir haben einen weiteren Grund, uns um so mehr auf unser Hotel in Buenos Aires zu freuen. Nach einem lauen Abend im Parque Predelta verbringen wir den Tag in der Stadt Paraná, wo wir uns den örtlichen Gepflogenheiten anpassen und erst mal ein zweites Frühstück mit Medialunas zu uns nehmen. Die Stadt ist nett, besitzt eine große Fußgängerzone und eine schöne große Kirche, in der gerade Instrumentalproben mit Orgel und Trompete für die Weihnachtstage stattfinden. Der Aufpasser in der Kìrche winkt uns gerade noch herein, bevor sich die Pforten zur Mittagpause schließen und strahlt mich, nachdem ich die Frage unserer Herkunt mit "somos de Alemania" beantwortet habe, mit drei Brocken Deutsch und "Ah, Deutschland, Deutschland über alles" an. Ähm, ja, ich lächele freundlich und frage irgendwas zur Kirche, um das Deutschland-Thema nicht weiter vertiefen zu müssen. Highlight in Parana ist der überfällige Friseurbesuch, frisch geföhnt fahren wir anschließend nach Villa Urquiza zum Campen am Fluss, da wir in Paraná nicht fündig wurden.
Der Platz ist super, die Leute freundlich, bezahlen müssen wir nix. Und zum ersten Mal auf der Reise kommt das Überwurfkabel zum Einsatz, als wir einem uralten Peugeot Starthilfe geben. Die Karre ist echt der Knaller, und als ich bemerke, dass der Zündverteiler Funken sprüht, wird mir klar, das der Wagen nicht nur optisch kurz vor dem totalen Organversagen steht. Der Fahrer bedankt sich für den Hinweis, nimmt gelassen die Rolle Isolierband heraus und tüdelt erst mal was drum - hilft immer. Als wir uns zum Abendessen an die Bänke setzen, starten die Moskitos eine Intifada und wir ziehen uns in den Bus zurück. Total ätzend, weil es immer noch recht warm ist, der Kühlschrank Abwärme produziert und wir drei sowieso, allen voran Jasper, der schon als Säugling ein echter Heizofen war.
Nach einer recht frischen Dusche am Strand brechen wir auf, um über Santa Fe und Rosario weiter nach Süden zu fahren. In Rosario machen wir einen Mittagsstop, sehen, dass die Stadt noch weitere nette Ecken hat, die einen zweiten Tag in der Stadt nahegelegt hätten, hätten wir es früher entdeckt. Egal. Wir kehren kurz zum erneuten Geldwechsel in die Ricofino ein (ja, das Geld fließt hier fleißig durch die Hände) und fahren dann nach Zarate, dass uns einen Campinglatz verspricht (ja, natürlich am Fluss und ja, auch wieder mit Moskitos, und ja, es ist am Abend wieder bullenheiß im Bus, weil der Ben einen ganzen Tag Zeit hatte, sich aufzuheizen, ja, klar, wie denn auch sonst!). Wir finden einen Platz, direkt am Fluss, wenn Schiffe vorbeifahren, meint man, die Reeling berühren zu können. Der Platz sieht ein bißchen schrottreif aus und die Dusche ist es auch, aber wenigstens bezahlen wir nur halb so viel wie auf den Plätzen nebenan, die auch keinen Deut besser aussahen. Auf dem Weg hierher gab's mal wieder eine hübsche Polizeikontrolle, wurde ja auch mal wieder Zeit. Nach der Prüfung der Papiere befand der Officer, dass uns der vermeintlich obligatorische Sticker mit unserer erlaubten Maximalgeschwingikeit fehle. Besser als der Kollege in Peru, wedelte er auch sofort mit dem Ticket-Block und sagte, dass der Strafzettel umgerechnet 100 Dollar koste. Er wolle das gar nicht hier haben, auf dem Strafzettel stehe die Bank, bei der es einzuzahlen sei.  Hin und her (Oh, mann, das ist aber viel Geld....ihre Kollegen haben uns gar nicht darauf hingewiesen, wir wurden doch schon öfter kontrolliert.... Ach, das ist wirklich unglücklich....blabla.) Wir ziehen es in die Länge und werden an den zweiten Officer im Wagen weitergereicht. Gleiches Lamentieren und Bedauern, dann meine zögerliche Frage, ob wir etwas machen könnten, was den Preis etwas senken könnte. Nun ja, ein paar Dollar würden wohl helfen.....Rumkramen in Rucksack, kleines Portemonnaie, oh, so ein Zufall, 30 Dollar sind noch drin. Wenn das für ihn ok wäre - nun es ist, aber ich soll fast in den Wagen krabbeln um das Geld zu überreichen, damit es ja kein anderer sieht. Die Moral von der Geschicht: Wir haben dazu gelernt und wissen nun, dass auch an dieser Stelle Verhandlungsspielraum besteht. Mein Spanisch ist besser als bei der ersten Kontrolle und, ach was soll's, außerdem ist ja auch bald Weihnachten!

In Zarate werden wir am ganz frühen morgen von einem heftigen Unwetter geweckt, der Wind rüttelt am Bus, binnen Sekunden geht draußen die Welt unter. Es gibt noch einen weiteren heftigen Nachschlag und den ganzen Tag über regnet es immer wieder. Das lässt uns recht schnell abreisen, denn wir wollen in all dem nassen Drumherum nicht frühstücken, sondern holen das wenige Kilometer weiter an der YPF-Tankstelle nach, wo wir zusammen mit vielen anderen Kaffee schlürfen und Medialunas essen. Wir fahren weiter nach San Antonio de Areco, einer Kleinstadt, in der es noch echte Gauchokultur geben soll. Der Ort ist nett, hat ein paar hübsche Geschäfte und Cafès, nur Gauchos sehen wir keine. Überhaupt ist es sehr ruhig, denn die vielen Regenschauer halten wohl viele von einem Ausflug hierher ab. Wir ziehen nach einem späten Mittagessen weiter nach Tigre, rund 40km außerhalb von Buenos Aires im Delta gelegen. Unsere erste Herausforderung ist, eine Stelle zum Auffüllen der Gasflasche zum Betreiben unseres Kühlschranks zu finden, was sich viel schwieriger gestaltet als in den vorherigen Ländern. Wir treffen auf viele hilfsbereite Argentinier, die uns zu verschiedenen Stellen schicken. Wir wollen schon fast aufgeben, fragen noch ein letztes Mal in einer Ferreteria und werden zu einem Rentner geschickt, der in seiner Garage einen Shop für Angler betreibt und auch Gasflaschen auffüllt. Er schaut sich die Gasflasche und unseren Adapter an, sagt, er müsse was prüfen und verschwindet erst mal in der Garage, aus der alsbald Gedengel, Sägegeräusche und Gehämmer zu hören ist. Derweil haben Jasper und Markus Kontakt zu den Nachbarn mit dem kleinen Schnauzer-Hund aufgenommen. Da der Tüftlermeister noch ein wenig Zeit braucht, kommen wir weiter ins Gespräch und werden anschließend mit Süßigkeiten und guten Wünschen für die weitere Reise bedacht. Wir revanchieren und mit einem Lüneburg-Lepporello und werden mit vielen Küsse  verabschiedet - echt herzig! Inzwischen hat der Hobby-Ingenieur ganze Arbeit geleistet und einen Adapter zum Adapter gebaut, den er uns gleich zur gefüllten Flasche mit dazu gibt. Außerdem ist er fast außer sich vor Freude, als ich seinen Fiat 127 mit netten Worten bedenke, weil es doch mein erstes Auto war. Nachdem wir uns über die Vorzüge des Fiat im Vergleich zu diesem neumodischen Elektronikkram in den Autos ausgetauscht haben, knutscht er mich und Jasper zum Abschied, drückt Markus die Flasche in die Hand und entlässt uns. Derart ausgestattet, aber ohne Idee, wo wir campen könnten, fahren wir durch Tigre. Das Hochwasser lässt alle Campgrounds im Delta absaufen und so beenden wir den Tag auf dem A.C.A.-Parkplatz an einem Kanal, wo wir unter den Augen der Polizei fein einschlummern. Tags drauf wechseln wir zu Christian Torlasco und seinem Bruder Sebastian, die eine Wohnwagen-Vermietung betreiben (Buenos Aires Andean Roads) und ebenfalls Stellplätze anbieten. Tigre selbst ist ein nettes Städtchen mit vielen Kanälen und einem alten Puerto del Frutos, der ein einziges Shopping-Feuerwerk ist, wo man neben Souvenirshops vor allem Einrichtungs- und Dekoläden findet. Hätten wir nicht die Nase voll vom vielen Wasser, hätten wir wohl auch eine Bootstour gebucht, so bummeln wir einfach durch die netten Straßen, in denen es tausende Möbelläden gibt. Ach, wenn man das nur alles mitnehmen könnte! Katja und Jens hätten hier auch bestimmt ihre Freude und könnten "Lagerhaus"- Kollektion erweitern. Wir bleiben insgesamt zwei Nächte bei Christian zusammen mit einem Mann aus Estland, der seit Jahren immer wieder mit seinem alten Mazda-Bus durch Südamerika fährt. Zum ersten Mal verbringe ich meinen Geburtstag in Flipflops und kurzer Hose, was wirklich schön ist, dennoch nehme ich den Winter gerne in Kauf, wenn es mit Eurer Gesellschaft einhergeht! (Ich weiß, es klingt ein wenig schwülstig, ist aber tatsächlich so gemeint!)
Morgen früh starten wir samt gewaschener Wäsche nach Buenos Aires, wo wir bis zum 27.12. bleiben werden.
Euch allen wünschen wir ein fröhliches Weihnachtsfest und schöne Tage zur Erholung!

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