Cartagena Beach

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Donnerstag, 4. Dezember 2014

Santiago

Wir sind zurzeit in Santiago de Chile und haben unser rollendes Zuhause gegen ein Domizil im Stadtteil Las Condes eingetauscht. Hier wohnen Alban und Maren mit ihrer kinderreichen Familie und haben uns die Tür zu ihrem Zuhause geöffnet. Jasper ist ganz vernarrt in den sechsjährigen Lucian und ist schon morgens im Pool zu finden, wo er rumplanschen kann. Alban ist Leiter des LBI, einer kleinen deutschprachigen Pädagogischen Hochschule, die einst durch eine Initiative der Deutschen Schulen in Chile gegründet wurde, um die Lehrerausbildung in enger Verzahnung mit dem Schulalltag praxisnah aufzubauen. Wir genießen unseren Aufenthalt hier sehr und fühlen uns in der Großfamilie total wohl. Die Innenstadt von Santiago haben wir gestern erkundet, haben leckerste Empanadas zu uns genommen und ich wurde vom chilenischen Fernsehen interviewt. Die Plaza de Armas wurde neu gestaltet und soll in Kürze freigegeben werden, am gesterigen Tag wurden Passanten zu ihrer Meinung befragt, ob die Neugestaltung eine gelungene sei.
Während wir die heißen chilenischen Sommertage im schattigen Garten verbringen, ist unser Ben in der Werkstatt, weil wir seit Bolivien eine nur noch z.T. funktionierende Automatikschaltung haben. Manuelles Schalten funktioniert super, aber das mit der Automatik war schon eine feine Sache... Davon hängt es nun ab, wie viel Zeit wir in Santiago haben, andererseits haben wir bis Mitte Januar auch noch einige Kilometer vor uns, so dass wir hoffen, bald wieder weiterziehen zu können. Heute Abend stehen Weihnachtsmarkt und Adventssingen in der Deutschen Schule Santiago auf dem Plan, mal sehen, wie sich dass bei 30-40°C so anfühlt!
So, wir sind zurück vom Weihnachtsmarkt, und es war sehr schön, auch wenn sich beim Anblick hunderter FlipFlops und Sommerkleider kein Weihnachtsgefühl einstellen wollte. Der Markt war super, es wurden neben Kuchen und Plätzchen Keramik, Textilien, Deko-Artikel und so weiter angeboten, viele Eltern und noch mehr Kinder wuselten im Hof der Schule herum. In der Aula/Turnhalle gab es das Adventssingen, der Musiklehrer kämpfte fröhlich gegen den nie ganz abebbenden Lärmteppich an, der zwischen den Stuhlreihen und ansteigenden Rängen herumwaberte. Das Finale nach 21 Liedern war natürlich "Stille Nacht, heilige Nacht", bei dem in der Halle hunderte Kerzen angezündet wurden und das Deckenlicht ausgeschaltet wurde. An dieser Stelle ergeht ein herzlicher Gruß an Jürgen Meyer, dem bei dem Anblick dieser vielen offenen Flammen in der Halle bestimmt ganz anders geworden wäre!
Der Freitag beginnt frisch, man könnte sagen eisig kalt, denn nach den vergangenen heißen Tagen kann sich die Sonne nicht durch die Wolkendecke arbeiten. Wir spazieren durch Las Condes und besuchen das Pueblito Los Dominicos, eine alte Klosteranlage, in den nun Kunsthandwerk und Cafes ihre Heimat gefunden haben. Auch ein großer Geflügelkäfig ist zu sehen, wo uns ein Pfau mit seinem Federkleid mächtig beeindruckt. Den Aussichtspunkt, um Santiago von oben zu sehen, schenken wir uns, da die Smogglocke, die über der Stadt hängt, die Sicht auf wenige hundert Meter reduziert. Am Freitagnachmittag können wir unseren Ben aus der Werkstatt abholen, das Handicap mit der Schaltung ist nicht behoben, dafür gab es Öl- und Filterwechsel (und vergessene Papiere, wie sich später rausstellen sollte). Am kommenden Morgen wollen wir weiterreisen und der tolle Aufenthalt bei Maren und Alban geht seinem Ende entgegen. Doch ein Highlight gibt es noch: Die Kinder putzen alle fleißig ihre Schuhe und stellen sie vor die Tür, denn der Nikolaus nimmt auch den weiten Weg nach Santiago de Chile auf sich. Jasper putzt zum ersten Mal seine Schuhe zu diesem Zweck und ist doch recht konsterniert, als Marian ihn auffordert, den Schuh dann vor die Tür zu stellen. Am nächsten Morgen dann weiß er zu schätzen, warum Marian ihn dazu drängte. Doch auf dem Weg zur Nikolausüberraschung gibt es ein Hindernis: Es hat vier Beine, heißt Finja und scheut nicht davor, sich in Nullkommanix 5 Schoko-Nikoläuse samt Verpackung einzuverleiben! Nach einem SOS-Brief von Lucian an den Nikolaus ist alles gut, der hat seine Reserven, mit denen er die Kinder erfreuen kann. Nach einem gemeinsamen Frühstück verabschieden wir uns von Maren, Alban, Juliane, Felipe, Marian, Lucian und Celian (und Finja), die uns herzlich in ihr Haus aufgenommen haben und mit denen wir bezaubernde Tage in Santiago verbracht haben. Wir machen uns über den serptentinigen Paso de los Libertadores auf den Weg in das 6. Land unserer Reise: Argentinien!

Conclusio Chile: Uns wurde gesagt, dass das "wahre Chile" erst südlich von Santiago beginne, so dass wir lediglich einen ersten Eindruck wiedergeben können. Chile hat einen Wirtschaftsboom erlebt, zum Teil auf den reichhaltigen Bodenschätzen der Atacamawüste begründet. Dieser öde wirkende Flecken führte zuerst dazu, dass die Spanier Chile gar nicht kolonialisieren wollten, später hauten sich Peruaner, Bolivianer und Chilenen im Salpeterkrieg die Köpfe ein, um diese Ressourcen zu sichern. Mit diesem Boom einhergehend, kann man in Chile an vielen Stellen die Vorteile einer wohlhabenden Nation erleben: guter Straßenzustand, stabile Internetverbindungen, reichhaltiges Lebensmittelangebot. Andererseits sind damit auch merklich die Preise für Kraftstoff und Lebensmittel gestiegen. Das Reisen in Chile ist im Vergleich zu den bisherigen Ländern recht teuer. Doch auch innnerhalb der Bevölkerung gibt es große Unterschiede: Es herrscht eine große Kluft zwischen dem kleinen wohlhabenden Teil und dem großen Teil, der lediglich mehr oder weniger über die Runden kommt. Infolgedessen hat sich auch das Kriminalitätsproblem (insbesondere in Santiago) vergrößert. Sehr spannend für uns ist die Rolle der "deutschstämmigen" Bevölkerung in Chile. Im 19. Jahrhundert gab es einen regen Zuzug und - man glaubt es kaum - bei dem Anblick von chilenischem Oktoberfest und dem Hören deutscher Weihnachtslieder (inklusive den Berichten von teils recht(s) konservativen Ansichten dieser Gruppe) darf man sich schon einmal fragen, was hier eigentlich die Leitkultur in Chile ist. Und wie groß ist der Integrationswille so mancher Deutschen? Wer möchte, kann gerne einmal googlen, wie die Fahne DES Sportclubs in der Stadt, Sportclub Manquehue, aussieht. Irgendwie wirkt es wie historisch daneben gegriffen, recurriert aber auf das, was Markus im vorangegangenen Satz andeutete. Richard von Weizäcker weigert sich damals beim Staatsbesuch, den Club zu betreten, wenn die Fahne gehisst bliebe - so ging der hohe Besuch am Traditionsclub vorbei.

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