Cartagena Beach

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Freitag, 26. Dezember 2014

Buenos Aires - das Paris Südamerikas! Und die moderne Verwendung von Guano...

Wir verbringen die Weihnachtstage in der Millionenmetropole Buenos Aires oder vielmehr "Puerto de Nuestra Señora Santa María del Buen Ayre" („Hafen unserer lieben Frau Maria der guten Luft“). Und das Schwierigste zuerst: Wir brauchten zwei Stunden, um einen Parkplatz zu finden, der noch Platz hat, uns über die Weihnachtstage aufnehmen wollte und auch noch über ein Tor mit einer Einlasshöhe über 2,50 Meter verfügt. Es war schwierig und langwierig, doch es hat geklappt. Uns erscheint die Stadt wie ein Mix ihrer drei vielleicht berühmtesten Repräsentanten: Carlos Gardel, Evita Peron, Diego Maradona.

Mit Frankreich, Uruguay und Argentinien erheben drei Länder (oder noch mehr) Anspruch auf das kulturelle Erbe des "Tangogottes" Carlos Gardel. Im Gegensatz zur Frage seines Geburtsortes ist unstrittig, dass er in Buenos Aires aufwuchs und hier seine Liebe zum Tango-(gesang) entdeckte (für Interessierte: http://m.youtube.com/results?q=carlos%20gardel&sm=12). Und Buenos Aires huldigt auch noch fast 80 Jahre nach dem tödlichen Flugzeugunglück (in Medellin) seinem Idol - und das wird auch weiterhin so bleiben. Überall erblicken wir CDs, Poster und sogar Gardelpuppen. Tangomusik und Tangotänzer gehören zum Stadtbild von B.A. wie der Roland nach Bremen. Doch auch darüber hinaus sprudelt es in der Stadt nur so vor Kultur: die Museen sind toll (wir genossen eine tolle Ausstellung im Museo de Arte Moderno, kurz MAMBA), es gibt hier ein riesiges Operngebäude (vor dem "Sydney-Bau" das größte auf der Südhalbkugel), eine imposante Kathedrale (hier predigte noch Jorge Bergoglio bevor er nach Rom fuhr und Papst Franziskus wurde) samt Ehrenwache vor dem Grabmal General San Martins (südamerikanischer Unabhängigkeitskämpfer) und... und... und...

Natürlich machen wir auch einen Abstecher zum Friedhof Recoleta, einer riesigen Totenstadt. Hier liegen ganze Generationen von Oberschichtlern, denen auch nach dem Tod der im Leben gewohnte Prunk nicht verweigert wurde. Wir schlendern zwischen Mausoleen, erhabenen Statuen und aufwendigen Mamorfassaden zum wohl berühmtesten Grab: Evita Duarte de Peron. Noch heute legen Fans und Anhänger Blumen an das Grab der Frau, die die Rolle der First Lady in Südamerika auf vorher nicht übliche Art gestaltete. Auf dem Balkon der Casa Rosada am Plaza de Mayo sprach sie zu ihren Anhängern und begriff sich als Kämpferin für das Frauenwahlrecht und Vertreterin der Armen. Dieses Engagement und ihr eigenes Aufwachsen in Armut machten sie nicht gerade zum Liebling der Etablierten (Oberschicht, Militär). Doch auch Beziehungen zu Nationalsozialisten bzw. zu Faschisten gehören zur kritischen Betrachtung der Vita der Perons. Anekdote am Rande: Da spätere Machthaber einen Mythos Evita verhindern wollten, wurde vorsorglich der Leichnam erst unter falschen Namen heimlich 1956 nach Mailand geflogen und erst 1974 wieder nach Buenos Aires gebracht. Da man aber auch dann noch eine Störung der Totenruhe befürchtete, sind in den beiden Särgen weder Evita noch Juan Peron. Evita Peron liegt in sechs Metern Tiefe unter einer schweren Stahlplatte sicher in der Familiengruft. Geblieben ist in Argentinien (und in B. A. ist das besonders augenfällig) eine große Kluft zwischen dem wohlhabenden und armen Teil der Bevölkerung (bzw. den vielen Obdachlosen): In den Stadtvierteln der Reichen sieht man paseaperros (professionelle Hundeausführer) und in der Nacht durchsuchen cartoneros (Wertstoffsammler) die Mülleimer.

Das Stadtviertel La Boca (Mündung) am Fluss Rio Riachuelo ist nicht gerade das Schickste von Buenos Aires, aber definitiv eines der Kultigsten. Der Caminito ist ein farbenfroher kurzer Fußgängerweg. Künstler zeigen hier ihre Werke, Tangotänzer stehen für Fotos bereit, und an den Ständen gibt es touristischen Schnickschnack zu kaufen. Einen Steinwurf entfernt steht La Bombonera (die Pralinenschachtel), das Stadion des traditionsreichen Fußballclubs Boca Juniors. Der Name ist Programm: Mitten im Wohngebiet war sehr wenig Platz, so dass die Ränge sehr steil ansteigen. Das Ergebnis ist eine Art Trichter, der die Fangesänge verstärkt. Zudem sind die Zuschauer eng "gepackt" (wie in einer Pralinenschachtel) und sehr nah am Spielfeld. Der berühmteste Spieler ist (mit der Nummer 10) Diego Armando Maradona: geschrieben nur DIOS. Tja, Bescheidenheit war nie die Sache des „Pibe de oro“ (Goldjunge). Andererseits ist Diegos Karriere mit seinen Höhen (Superstar, Weltmeister, Spieler des Jahrhunderts) und Tiefen (positive Dopingkontrolle, Drogenabsturz, krude politische Statements) auch ein adäquates Abbild vom etwas verruchten und dreckigen und doch so spannendem La Boca. Ohnehin ist das Thema Fußball zumindest bei uns der häufigste Gesprächsanfang (na, als Weltmeister). Mittlerweile kriegen wir es auch immer besser hin, bei Brasilianern von dem großen Pele und seinem Nachfolger Neymar und bei Argentiniern von DIOS und seinem Nachfolger Messi zu schwärmen. Heikel, das durcheinander zu bringen. Übrigens: Die Jugendlichen, die den Club Boca Juniors gegründet haben, konnten sich nicht auf die Vereinsfarben einigen. So einigten sie sich darauf zum Hafen zu gehen und die Flaggenfarben des nächsten Schiffes zu nehmen, das in den Hafen läuft: Es kam ein schwedisches Schiff (blau-gelb).

Was noch geschah... Heiligabend verbrachten wir in einer Parilla (Grillfleisch bis zum Abwinken) neben sehr netten Tischnachbarn aus Brasilien, denen wir bestätigten, das Pele besser als Maradona und Neymar besser als Messi sei. Die Feierlichkeit des Abends war ein bißchen anders gestaltet als gewohnt: Kurz vor Mitternacht gab es einen Countdown, dann stieß man mit Champagner an und bunte Hütchen und Masken lagen als Utensilien für Fotos bereit - hm, im Datum geirrt? Speziell auch die Musikauswahl dazu, denn Ace of Base, Right said Fred und Modern Talking ließen uns eher an weit zurückliegende Schulparties als an Heiligabend denken.
Am 1. Weihnachtstag wurden wir Opfer einer Guano-Attacke: Eine stinkende grüne Flüssigkeit sprenkelte sich plötzlich über unsere Kleidung. Zwei Passanten waren schnell zur Stelle und waren auch sehr bemüht uns abzutupfen, ihre Beschreibungen ließen einen riesigen fiesen Vogel mit Monster-Durchfall befürchten. Es war aber wohl nur der Versuch, unsere Aufmerksamkeit in himmlische Höhen zu lenken. Doch trotz Fleischbergen in der Magengegend war das Manöver etwas plump, so dass wir unseren Rucksack einfach nicht aus den Augen lassen wollten. Die beiden Strolche verzogen sich und wir gingen ins Hotel, um unsere Kleidung zu waschen. Nach dieser Geschichte mag das etwas seltsam klingen, doch können wir nicht verhehlen, dass uns Buenos Aires ausnehmend gut gefällt!

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