Cartagena Beach

Cartagena Beach

Dienstag, 16. Dezember 2014

Immer weiter....

... westwärts führt uns die schnurgerade Straße, gesäumt von Sträuchern und Büschen, jedoch leider nicht so sehr von Tankstellen, die wir dringend brauchen. Nachdem wir hundert Kilometer weiter endlich auftanken können, fährt es sich entspannter und flotter. Nach dem schönen Ort Villa Dolores kommen wir der Sierra Grande und den Cumbres de Achala näher, die mit vielen feinen Örtchen und einer tollen Landschaft aufwarten - nach den dürren, brauen Ebenen in Chile eine wahre Augenweide! Ebenfalls eine Augenweide ist die Bandbreite dessen, was sich auf der Straße bewegt. Natürlich sind hier alle Automarken und Modell vertreten, die es auch bei uns gibt, aber eben auch solche, die bei uns schon "ausgestorben" sind, wie Ford Taunus und Ford Granada, Opel Kadett und auch der kleine Fiat 127, mein erstes Auto! Darüber hinaus haben wir in keinem Land auf der Reise so viele französische Wagen gesehen wir hier, und dass Peugeot einen Pickup im Programm hatte, das war wohl eine südamerikanische Besonderheit (die Begeisterung für derlei Sachverhalte ist eher bei Sabrina groß, Anmerkung des Lektors). Auch besonders ist der Anblick der schon aus Chile bekannten "kleinen Friedhöfe" rechts und links der Straße, nur dass hier z.T. Berge von Plastikflaschen an den Gräbern gestapelt werden, warum auch immer...
Unser nächster Stopp ist Villa Carlos Paz, beliebter Ferienort und mittelgroße Stadt, die alles bietet, was man braucht und noch mehr, denn das besondere Wahrzeichen der Stadt ist eine hausgroße Kuckucksuhr, eingespanischt heißt es dann El Reloj de Cu Cú. Der A.C.A.-Campingplatz des argentinischen Automobilclubs ist für zwei Tage unser Basislager, von dem aus wir die schöne Gegend erkunden. Das Wetter spielt nur in Teilen mit, es gibt immer wieder Gewitter mit kleinen und großen Schauern, so dass wir froh sind, mit dem Ben durch die Gegend zu fahren. Es geht vorbei an hübschen Orten, die sich allesamt dem Tourismus verschrieben haben, tausenden Töpferläden, wunderschönen Bushaltehäuschen hin zu groteskt häßlichen, noch im Werden stehenden Skuplturen, bei denen man darauf hoffen kann, dass es nie zur Vollendung kommen wird. Wir machen einen Abstecher ins Paradies (El Paraiso), und es sieht wirklich malerisch aus: Kleiner Fluss unterhalb der großen Staumauer, der sich durch Grashügel schlängelt, große Bäume, kleine Rastplätze - wunderschön (Markus rät zur Formilierung visuell ansprechend, da ich wunderschön überstrapaziere). Die Gegend scheint energetisch bedeutsam zu sein, auf jeden Fall zog und zieht sie viele Menschen an, die dafür empfänglich sind. Das schlägt sich auch in der Gestaltung des Ortes nieder, es gibt Energiepyramiden, in die man sich zur Meditation zurückziehen kann, ein UFO- Informationszentrum (ja, sie scheinen hier mehrfach gesichtet worden zu sein!) und unzählige Fernost-Massage/-Therapie etc. -Angebote. Zweiter Besuchermagnet in Capilla del Monte ist eine Felsformation, die optisch an einen Schuh erinnert und daher schlicht " El Zapato" heißt, hübsch rundherum dekoriert mit einem Mini-Spaßpark mit Rutschen und den üblichen Verdächtigen in puncto Kunsthandwerk. Zu Villa Carlos Paz ist ansonsten noch zu sagen, dass wir hier die zweite Variante des schwarzen Geldtauschs kennen lernen. Auf der Frage, wo wir zum curso parallelo tauschen könnten - der übrigens immer mehr zu unseren Gunsten ausfällt, je näher wir Buenos Aires kommen - bekommen wir folgende Anweisung: Geht diese Straße weiter gerade aus, überquert die Kreuzung und am Restaurant sowieso gibt es eine kleine Tür; dort klingelt ihr und fragt nach Vincente, wie im Film (& Vicente sieht auch ein wenig aus wie Kojak!)! Vincentes Büro ist professionell ausgestattet inklusive Security Cam und Geldzählmaschine, und dafür, dass es keiner wissen darf,  ist die Bude doch arg frequentiert.
Am nächsten Morgen fahren wir südwärts nach Alta Gracia, einem wunderschönen (und schon wieder) Städtchen mit alten Häusern, welches aus zweierlei Gründen einen Besuch wert ist: Eine große Jesuiten-Estancia aus dem Jahre 1643 sowie das Haus der Familie Guevara, in dem Che seine Kindheit und Jugend verbrachte. Wir statten Ches Zuhause einem Besuch ab und sind ganz angetan von dem kleinen, aber feinen Museum, dass im Jahr 2006 auch von Fidel Castro und Hugo Chavez besucht wurde. Insgesamt gefällt uns der Ort sehr gut und wir genießen die freundliche Wochenend-Atmosphäre rund um die Plaza und in der tollen Bäckerei, die uns mit Medialunas (Hörnchen oder Croissants) und Facturas (Puddingsteilchen) begeistert, bevor wir unsere Fahrt fortsetzen. Wir fahren durch eine grüne Mittelgebirgslandschaft, die man auch irgendwo in Deutschland finden könnte, bis wir plötzlich im Voralpenland angekommen, das sich im autofreien La Cumbrecita manifestiert: Häuser in Alpenarchitektur, Balkone mit geschwungenem Geländer, Läden, die selbstgebrautes Bier anbieten, hübsch gepflegte Wanderwege und überall Mülleimer, die zur Mülltrennung einladen - wie Zuhause! Und es ist wirklich frappierend, aber selbst die Landschaft scheint sich daran zu halten süddeutsch/österreichisch zu wirken. Wir schlendern einige Stunden herum und fahren dann weiter nach Villa General Belgrano, das sich rühmt, das größte Oktoberfest in Argentinien zu veranstalten, neben dem Torten- und dem Schokoladenfest versteht sich. Wir landen auf dem Campingplatz von Bettina und Ralph, letzterer kommt aus Hamburg und rät uns zum Besuch der Räucherkate in Stiepelsee, die von seinem Cousin Jürgen betrieben wird, wenn wir wieder zurück sind. Klein ist die Welt! Am nächsten Morgen fallen wir aufgrund unseres kleinen Wagens mit dem deutschen Nummernschild im Städtchen direkt auf, und wir werden wiederholt auf Deutsch angesprochen, ja, wie toll, dass wir aus Deutschland seien und dass wir den Aufenthalt genießen mögen. Villa General Belgrano wurde von Deutschen begründet. Georg Kaphuhn und Paul Heintze kauften 1932 ein ausgedehntes Gebiet, parzellierten es und boten es in den deutschsprachigen Ländern an. Später kamen auch italienische und spanische Familien, die Mehrheit blieben jedoch Deutschsprachige, so beispielsweise auch zahlreiche Überlebende des deutschen Kriegsschiffes Graf Spee, das sich 1940 im Río de la Plata vor Montevideo selbst versenkt hatte. Als wir uns zum Mittagessen im Cafe Rissen niederlassen, gibt es als Vorspeise Brot mit Leberwurst, welch eine Freude für zwei Drittel unserer Reisegruppe! Wir schlendern vorbei an Läden mit Namen wie Edelweiss, Engel, Sonnenplatz und Veilchental, man kann Bier von "Don Otto" oder "Otilia" kaufen und es sich zwischen Wimpeln und Bierhumpen mit Wappen gemütlich machen. Es ist echt schräg, wenn einem Argentinier mit dezentem Trachtenkleid oder Joppe entgegenkommen und so beschließen wir nach dem Mittagessen, dem Heimatverein den Rücken zu kehren und nach Cordoba zu tingeln.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen